Die größten Herausforderungen für die Hotelbranche 2023
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Die größten Herausforderungen für die Hotelbranche 2023

01.02.2023 | Rueckerconsult GmbH

Wie schätzen Branchenkenner aus den Bereichen Gastgewerbe, Tourismus, Zukunftsforschung, Stadt- und Projektentwicklung die voraussichtlichen Entwicklungen im Hotelimmobilienmarkt 2023 ein? Die Antworten liefert eine Expertenbefragung von mrp hotels

 v.l.n.r.: Andreas Reiter (ZTB Zukunftsinstitut Wien), Hannibal Dumont-Schütte (Stayery), Julian Mayer (Familux Resorts), Dimitri Chandogin (Numa Group), Alexander Lackner (neworld), Susanne Kraus-Winkler (Tourismusexpertin), Erol Miro (Strabag) / Bildquelle: mrp hotels
v.l.n.r.: Andreas Reiter (ZTB Zukunftsinstitut Wien), Hannibal Dumont-Schütte (Stayery), Julian Mayer (Familux Resorts), Dimitri Chandogin (Numa Group), Alexander Lackner (neworld), Susanne Kraus-Winkler (Tourismusexpertin), Erol Miro (Strabag) / Bildquelle: mrp hotels

Berlin/Wien - „Letztes Jahr konnte sich die Hotel- und Tourismusbranche etwas von der Corona-Krise erholen. Jetzt versetzt die aktuelle geopolitische und wirtschaftliche Lage der Jahresprognose für 2023 aus sämtlichen Perspektiven einen Dämpfer. Trotz aller Herausforderungen erwarten wir im kommenden Jahr aber eine Beruhigung des Marktes. Die Branche hat gelernt, sich auf veränderte Marktbedingungen einzustellen und entsprechend flexibel zu reagieren“, kommentiert Martin Schaffer, Geschäftsführender Partner bei mrp hotels. Neben den gesamtwirtschaftlichen Herausforderungen bleiben auch dieses Jahr die Mega-Trends Digitalisierung und ESG-Regulatorik präsente Themen für die Branche.

Die Key-Findings der Befragung

1. Nachdem die Performancezahlen der Ferienhotellerie voraussichtlich dieses Jahr auf 2019er-Niveau steigen, zieht auch die Stadthotellerie langsam nach. Eine vollständige Erholung prognostizieren Experten für 2024.

2. Ein weiterer erheblicher Anstieg der Average Daily Roomrate (ADR) wird notwendig sein, um die inflationsbedingt gestiegenen operativen Kosten auszugleichen. Allerdings werden viele Betriebe nicht in der Lage sein,
inflationsbereinigtes ADR-Wachstum durchzusetzen.

3. Im Vergleich zu den vergangenen zwei Jahren zeigt sich die Vorbuchungslage weniger kurzfristig. Dennoch wird von einigen Experten auch eine verhaltene Nachfrage erwartet, da die gestiegenen Energiekosten die Reiseentscheidung von Privathaushalten beeinflussen werden.

4. Im Budget-Bereich wird viel automatisiert, um für ein preissensibles Publikum attraktiv zu bleiben und mit dem Mangel an Mitarbeitern besser zurechtzukommen. Das Premium-Segment konzentriert sich weiter auf den persönlichen Service sowie Angebotsvielfalt, wird aber seine Preise aufgrund stark steigender Mitarbeiterkosten deutlich erhöhen müssen. Der Druck steigt am stärksten im mittleren Segment, da hier eine Abwanderung des Zielpublikums aufgrund von erhöhter Preissensibilität zu erwarten ist.

5. Die allgemeine Marktunsicherheit und das volatile Finanzierungsumfeld bremst die Transaktionsaktivität. Banken zeigen sich weiterhin risikoavers. Sich ständig ändernde Finanzierungsanforderungen und Baukosten machen Kalkulationen von neuen Projekten nahezu unmöglich. Daher stehen Value-Add Transaktionen oder Transaktionen von Bestandsimmobilien weiter im
Fokus der Investoren.

6. Vollständig digitalisierte Produkte, wie neue Serviced-Apartment-Konzepte, erreichen auch bei geringerer Auslastung den Beak-Even, da weniger Peronal benötigt wird und somit weniger operative Kosten entstehen.

7. Im Zuge der weiter wachsenden Relevanz der ESG-Regulatorik sind Betreiber, Eigentümer und Entwickler trotz aktuellem Kostendruck dazu gezwungen, geplante Maßnahmen umzusetzen.

Lesen Sie jetzt, was die Branche zu den einzelnen Themen im Detail sagt:

Ferienhotellerie weiter als Tourismustreiber, Stadthotellerie zieht nach

Die Ferienhotellerie konnte sich bereits während der Pandemie deutlich erholen und auch die Stadthotellerie kehrt langsam zu ihren Performance-Zahlen aus 2019 zurück. Zimmerraten konnten vielerorts bis zu 20 Prozent gegenüber 2019 angehoben werden. Anders als in der Ferienhotellerie bleiben in vielen Städten die Auslastungszahlen weiter niedriger als 2019. Hier fehlten bisher insbesondere Gäste aus dem asiatischen Raum.

Ein höheres Gästeaufkommen aus den USA, was auch im laufenden Jahr bei bestehendem Dollar-Euro-Wechselkurs erwartet wird, kann einen Teil davon ausgleichen. Martin Schaffer dazu: „Der Großteil unserer Kunden erwartet 2023 eine Erholung der Ferienhotels – die Stadthotellerie wird sich voraussichtlich bis 2024 bei Rate und Auslastung wieder auf ein Vorkrisenniveau begeben.“

Die omnipräsenten Hürden 2023

Die aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Entwicklungen, insbesondere im Hinblick auf Zinsen und Inflation, beeinflussen die Prognosen für 2023 maßgeblich. Um die inflationsbedingt gestiegenen operativen Kosten auszugleichen, wird eine weitere Steigerung der ADR notwendig sein. Diese extremen Kostensteigerungen haben erhebliche Auswirkungen auf den Gross Operating Profit (GOP). Werden Inflation und Kostensteigerung nicht ausgeglichen, gerät die Pacht unter Druck. Damit sinkt die Liquidität der Hotels und die Flexibilität in der Finanzierung beziehungsweise Zahlung von erhöhten Kapitaldiensten werden eingeschränkt.

Vorsichtig optimistische Erwartungen

Erol Mirol, Head of Acquisition bei Strabag: „Die Hotelbranche hat die Pandemie als Chance genutzt und ist dank Professionalität und Qualität gestärkt aus der Krise hervorgegangen.“ Die Vorbuchungslage für 2023 ist verhältnismäßig gut zu bewerten und ist weniger kurzfristig als in den vergangenen zwei Jahren. Gleichzeitig wird von einem Teil des Marktes eine verhaltene Nachfrage erwartet.

Insbesondere die gestiegenen Energiekosten sind noch nicht vollends bei Privathaushalten angekommen, bedingen aber die Reiseentscheidungen. Im Laufe des letzten Jahres konnte eine gestiegene Nachfrage nach Fernreisen festgestellt werden. Ähnlich wird die Nachfrage auch 2023 erwartet. Gleichzeitig bedeutet das aber auch ein gestiegenes Interesse ausländischer Gäste für Destinationen in Deutschland und Österreich.

Während sich Investoren und Betreiber aufeinander zubewegen, bewegen sich Segmente voneinander weg

Der Austausch zwischen Investoren und Betreibern wird sich auch in Zukunft weiter intensiv gestalten. Die Partnerauswahl, die gegenseitige Verlässlichkeit und Transparenz gewinnen an Bedeutung. Im Budget-Bereich werden Prozesse digitalisiert und damit automatisiert, um für ein preissensibles Publikum attraktiv zu bleiben. Das Premium-Segment konzentriert sich auf den persönlichen Service sowie Angebotsvielfalt für eine dem Preis angemessene Dienstleistung.

Julian Mayer, Managing Partner bei Familux Resort: „Die Übernachtungsnachfrage wird in 2023 etwas gedämpft sein, was sich jedoch vor allem am unteren Ende des Freizeitmarktes beziehungsweise im Zwei- bis Drei-Sterne-Segment bemerkbar machen wird.“ Der Druck steigt im mittleren Segment am stärksten, da eine Abwanderung des Zielpublikums aufgrund von reduzierten Reisekostenbudgets zu erwarten ist. Der hohe Wettbewerb verhindert die Preisdurchsetzung im Segment. Hier kann eine gesteigerte Individualität, eindeutige Positionierung und Ausrichtung an den Bedürfnissen des Gastes bei der Abgrenzung helfen, neue Nachfrage generieren und Preisdurchsetzung ermöglichen.

Transaktionen weiter stockend – Stabilisierung des Marktes wird wieder mehr Aktivität bringen

Die allgemeine Marktunsicherheit und das volatile Finanzierungsumfeld bremst die Transaktionsaktivität auf dem Hotelinvestmentmarkt. Banken und Investoren zeigen sich weiterhin risikoavers. Eine verlässliche Kalkulation von neuen Projekten ist wegen den sich ständig ändernden Finanzierungsanforderungen und Baukosten nahezu unmöglich. Alexander Lackner, Managing Partner bei neworld: „Auch die (mögliche) Wirtschaftlichkeit von Projektentwicklungen kann mittelfristige Auswirkungen haben, zum Beispiel durch fehlenden Neubau. Damit kommt möglicherweise mehr Handlungsdruck auf Eigentümer und Betreiber von Bestandsimmobilien zu.“

Langfristig hilft die Inflation bei der Wertsteigerung der Immobilie durch massiv steigende Pachten. Allerdings wirft eine entsprechende Erhöhung auch die Frage auf, ob alle Betreiber in der Lage sind, diese bedienen zu können, wenn ihre Ertragskraft mit erhöhten operativen Kosten und weiterhin schwacher Nachfrage sinkt. Investoren müssen daher Verträge einem langfristigen „Stresstest“ unterziehen. In der Preiserwartung ist zwischen Käufer und Verkäufer weiter ein Unterschied festzustellen.

Im Laufe des Jahres wird allerdings erwartet, dass zum einen aufgrund sinkender Neubauaktivitäten und zum anderen aufgrund von möglicherweise zunehmender Distressed Properties am Markt, die Preise von Bestandshäusern unter Druck geraten werden. Bei erwarteter stabilisierter Marktlage werden auch Investoren besser einzuschätzen wissen, wie sich finanzielle Parameter bewegen. Tourismusexpertin Susanne Kraus-Winkler: „Die Frage wird sein, wie viele Distressed Immobilien dieses Jahr auf den Markt kommen. In Österreich stehen viele Übergaben an. Sollten diese scheitern, kommen die Objekte wieder auf den Markt.“

Value-Add Transaktionen im Fokus der Investoren

Neu- beziehungsweise Repositionierung, Renovierung oder Umnutzung, die eine Wertsteigerung der Immobilie als Ziel haben, werden aller Voraussicht nach auch in diesem Jahr stark verfolgt. Voll digitalisierte Produkte haben derzeit den Vorteil, dass sie aufgrund von geringeren operativen Kosten ihren Break-even auch mit weniger Auslastung erreichen. Zudem können Betreiber so das Problem des Personalmangels besser umgehen. Serviced Apartments sind dabei ein Positivbeispiel.

Hannibal Dumont-Schütte, Gründer und Geschäftsführer von Stayery: „Das Interesse an der Asset-Klasse ist investorenseitig größer denn je, da die Zukunftsfähigkeit der diversen Konzepte und Marken immer offensichtlicher wird.“ Dimitri Chandogin, Gründer und Geschäftsführer der Numa Group: „Wir sehen bei unserer Expansion eine stark steigende Nachfrage seitens institutioneller Investoren für unser neu etabliertes Segment. Die Makroökonomie und der steigende Technologiedruck begünstigen das Wachstum der Numa Group.“

Auch die ESG-Regulatorik bringt Betreiber, Eigentümer und Entwickler in Handlungsdruck. Die Auswirkung der erfüllten oder nicht erfüllten ESG-Kriterien auf die Bewertung von Immobilien und Finanzierungszusagen gewinnt an Bedeutung. Zirkuläre und regenerative Geschäftsmodelle sind gefragt, aber auch Employer-Branding-Strategien im Hinblick auf die Mitarbeitergewinnung und -bindung. Dennoch sieht der Markt die Nachhaltigkeitsthematik wegen des reduzierten Reisekostenbudgets in einer Art „Transition-Phase“.

Resümee

Erschwerte Marktbedingungen sowie die erforderliche Weiterentwicklung der Hotelprodukte sind professionell zu managen, Trends sind aktiv zu beobachten, um das Produkt mit bestehendem Betreiber weiterzuentwickeln oder bei Bedarf rechtzeitig einen Betreiberwechsel vorzunehmen. Andreas Reiter, Zukunftsforscher am ZTB Zukunftsinstitut: „In einem zunehmend unplanbaren Umfeld werden wir alle noch agiler sein müssen und dabei dennoch den Blick für das große Ganze nicht aus den Augen verlieren dürfen.

Dafür braucht es ein kraftvolles positives Zukunftsbild.“ Insgesamt wird zum Ende des Jahres eine Beruhigung auf dem Finanzmarkt erwartet. Die Performance der Hotellerie zeigt aber bereits jetzt schon eindeutige Schritte in Richtung Beständigkeit und beweist erneut die Resilienz dieser Assetklasse.

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