"Im Alpenraum wollen wir in unserem Segment Marktführer werden."
harry’s home feiert Geburtstag: In Graz/Österreich eröffnete vor 15 Jahren das erste Haus der familiengeführten Hotelkette mit Firmensitz in Innsbruck. Heute sind die harry’s home hotels & apartments mit demnächst acht Standorten in der DACH-Region vertreten – weitere werden in Kürze folgen. Im Interview spricht Geschäftsführer und Gründer Harald Ultsch über das Erfolgskonzept der Marke, wo eine Expansion Sinn macht und wie sich das Reiseverhalten seiner Einschätzung nach künftig ändern wird.
Herr Ultsch, aus aktuellem Anlass: Wie sind Sie in den vergangenen Monaten mit der Krise umgegangen?
Nachdem sich unsere harry’s home hotels & apartments in der DACH-Region befinden, mussten wir ständig und sehr unterschiedlich reagieren. Eine Planung über mehr als zwei Wochen war nie möglich. Kurzarbeit, reduzierte Öffnungszeiten, positive Corona-Fälle von Gästen und Mitarbeitern – es galt stets neue Lösungen zu finden. Kaum hatte die Auslastung zumindest unter der Woche wieder zugenommen, kamen plötzlich erneute Reisebeschränkungen, Ausgangsverbote und alle Reservierungen mussten wieder storniert werden.
Welche konkreten Maßnahmen konnten Sie diesbezüglich für die Hotels umsetzen?
Trotz allem hielten wir unsere Hotels durchgehend offen und mussten uns wöchentlich mit den geänderten Bedingungen auseinandersetzen. Wir haben immer alle Möglichkeiten, Zimmer zu verkaufen, ausgeschöpft. Mit unseren harry’s home Apartments konnten wir mehr Nachfrage generieren als mit den klassischen Hotelzimmern. Aber auch „Day use“ und Homeoffice stellten wir zur Verfügung, wo es erlaubt war.
Das Frühstück wurde jeweils der aktuellen Lage angepasst – von der Frühstücksbox über einen servierten Frühstücksteller bis hin zum (reduzierten) Buffet. Mit der harry’s HOME Tour schafften wir zudem ein attraktives Angebot, um Gästen eine Vergünstigung anzubieten – und zwar indem sie innerhalb von zwei Wochen in mehreren harry’s home Häusern an unterschiedlichen Standorten nächtigen.
Nach dem ungewöhnlichen Jahr 2020 folgt jetzt das Jubiläum. 2006 begann die Geschichte der harry’s home hotels & apartments mit dem ersten Haus in Graz/Österreich. Wie fällt Ihre Bilanz nach 15 Jahren harry’s home aus?
Durchweg positiv. Unser Ziel, in den drei Ländern Deutschland, Österreich und Schweiz aktiv zu sein, haben wir erreicht. Weitere Standorte sind bereits fix und in den nächsten drei Jahren werden wir auf 20 Hotels wachsen. Im Rahmen unseres aktuellen Relaunches ist uns allerdings klar geworden, dass wir die Marke noch fokussierter ausrichten müssen.
Was genau meinen Sie damit?
harry’s home ist das perfekte Zuhause für moderne Nomaden. Also für Menschen, die viel reisen und genau wissen, was sie unterwegs brauchen. Ein wesentlicher Punkt ist für uns, dass man auf Reisen seine Gewohnheiten beibehalten kann, ganz gleich, ob bei Kurz- oder Langzeit-Aufenthalten. Deshalb ist „Wohnen“ für uns einer der zentralen USPs. Dies wird auch bei den kommenden Neueröffnungen innenarchitektonisch umgesetzt.
Was macht Ihre Hotels so besonders?
Sie richten sich dank unseres Baukastenprinzips „Create your stay“ nach den individuellen Wünschen der Gäste. Sie können ihr Produkt selbst zusammenstellen und bestimmen damit gleichzeitig den Preis. Unsere Kunden wählen auf unserer Website zwischen fünf buchbaren Studiotypen, fügen Dienstleistungen hinzu oder lassen sie eben weg. Wir halten es analog der Auto-Industrie. Wer ein Fahrzeug online konfiguriert, kann alle möglichen Features mit wenigen Clicks bestimmen. Mit einem neuen Hotelprogramm, welches wir derzeit installieren, wird das noch besser umgesetzt.
Ein weiteres Motto lautet „Coming home“
Wir wollen ein Gefühl transportieren: Der Gast soll herzlich empfangen werden und Dinge vorfinden, die er kennt und schätzt. Im Idealfall erhält er das Studio, welches er besonders gern hat. Wir haben – vor allem wochentags unter den Business-Kunden – sehr viele Stammgäste. Erfreulicherweise gelingt es uns, diese in unsere neu eröffneten harry’s homes mitzunehmen und ihnen auch dort ein „Wir-Gefühl“ zu geben.
Wie erreichen Sie das?
Wir sind ein Familienbetrieb und meine Frau war immer die größte Stütze. Von fünf Familienmitgliedern arbeiten aktuell vier im Unternehmen. Wir leben „We all are family“. Zum Glück verinnerlichen auch unsere Mitarbeiter dieses Motto. Die freuen sich, wenn sie Gäste wiedersehen. Wir sind das Gegenteil eines anonymen Hotels: Man kann seine Ruhe haben, wenn man möchte, will man Kontakt, ist jemand da. Wir überlassen es auch dem Gast, ob er die Du- oder Sie-Form wählt.
Im vergangenen Jahr haben Sie in München eine Kooperation mit „Kinderhotels“ gestartet.
Wir sind sehr stolz, dass sie an die harry’s home hotels & apartments herangetreten sind und somit das erste Kinderhotel in der Stadt sein dürfen. „Kinderhotels“ ist eine der stärksten Marken von Familienunterkünften im Alpenraum. Wir werden dieses Angebot auch in jenen Standorten ausbauen, wo wir die Zielgruppe Familien besonders gut erreichen können.
Die Gastronomie spielt keine große Rolle mehr?
Zumindest nicht die traditionelle. Ein für uns zentrales Thema ist das Frühstück mit überwiegend regionalen Produkten. Wir hinterfragen dies sehr akribisch. Unsere „harry’s home“-Mitarbeiter backen übrigens auch den Kuchen selbst.
Restaurants betreiben Sie aber nicht?
Nein, wir setzen auf „Gastronomie light“ in unseren Lounges. Dazu kommen Coworking-Spaces, alles ganz ungezwungen. Unsere Hotellobbys gelten als Treffpunkte für Gäste, aber auch für Bewohner aus der Nachbarschaft. Wir können beobachten, dass heute viel mehr Einheimische die Lobbys besuchen als noch vor zehn Jahren. Speziell in den Städten erwarten wir hier eine große Nachfrage.
Mit dem Thema Fitness haben Sie für Ihr Münchner Haus einen neuen „Baustein“ kreiert.
Stimmt. Genauer gesagt haben wir für Gäste, die gleich nach dem Aufstehen trainieren wollen, ein professionelles Zug- und Gewichtssystem im Zimmer installiert. Damit kann man ganz ungezwungen verschiedene Morgenübungen machen und anschließend gleich unter die Dusche. Wir wollen bewusst keine Fitnessräume, das können professionelle Studios in der Nähe viel besser.
Im Jahr 2019 haben Sie mit Zürich Ihr erstes harry’s home Hotel in der Schweiz eröffnet.
Die Schweiz zählt zu den Ländern, wo wir gerne weiter wachsen wollen. Als nächstes kommt Bern Ostermundigen, anschließend ein weiteres Hotel im Westen von Zürich.
In welchen Städten und Ländern sehen Sie noch Potenzial?
Bis vor kurzem lebten wir in einer Zeit mit sehr hohem Hotelwachstum, vor allem in deutschsprachigen Ländern. Wie sich das in den nächsten Jahren entwickelt, ist noch nicht absehbar. Auf jeden Fall gilt es, eine Nische zu finden und diese zu besetzen. Wir expandieren in Orten, wo Wirtschaft und Tourismus zusammenspielen und damit eine ganzjährige Öffnung wirtschaftlich betrachtet sinnvoll ist. Wir gehen beide Richtungen, also in attraktive Bezirksorte und in die großen Städte. Drei besonders lebenswerte Städte haben wir mit München, Wien und Zürich schon besetzt.
Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
harry’s home wird deutlich bekannter sein als heute, wobei wir weiter auf den Megatrend „Wohnen“ setzen. Wir wollen dadurch im Alpenraum in unserem Segment – hybrides Hotel mit Short- und Longstay – Marktführer sein. Wir haben das Glück, dass wir unsere Kinder begeistern konnten, im Unternehmen zu arbeiten. Unsere beiden Söhne und bald auch deren Schwester werden in zehn Jahren die Geschäfte hoffentlich erfolgreich weiterführen.
Wie streng sind Sie selbst als Gast?
Generell bin ich sehr nachsichtig, vor allem, wenn den Mitarbeitern einmal ein Fehler passiert – allerdings weniger im Wiederholungsfall. Wenig Toleranz habe ich beim Thema Schallschutz, überhaupt keine bei mangelnder Hygiene.
Wie schätzen Sie das Reiseverhalten in der Zukunft ein?
Es wird vorwiegend erdgebunden sein, das heißt per Auto und Bahn. Problematisch könnten Bus-, ganz schwierig Flugreisen in den nächsten zwei Jahren bleiben. Die Alpenregionen im Zentrum von bevölkerungs- und einkommensstarken Ländern werden Vorteile haben.
Und was bedeutet das für harry’s home hotels & apartments?
Unsere Hotels befinden sich durchweg in den Alpen- und Alpenvorlandregionen. Die Nachfrage nach Apartments ist groß und hier können wir punkten. Wir sprechen auch die Zielgruppe Familien mit unseren Hotels an – insgesamt sind wir sehr optimistisch und erwarten eine gute Entwicklung.
Interview: Gregor Staltmaier/Natalie Schneider, AHM PR
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