Die Bibel in Hotels - gestern und heute
Wird die Schublade vom Nachttisch aufgezogen, erblickt der Hotelgast sie vielleicht, die Schriftensammlung des Christentums. Vor den großen Weltkriegen wurde sie noch in jedem guten Haus vorgehalten, bevor der Zeit, als die Stahlgewitter Europa, seine Mächtigen und damit auch die Kirche in den Grundfesten erschütterte.
Die Hotel Bibel: einsam, verlassen, schwarz
Bei meinem letzten Besuch eines Hotels lag sie dort im Nachttisch: einsam, verlassen und schwarz, jedenfalls kam mir es so vor und auch ein schnelles Durchblättern der Seiten brachte keine Gemütswandlung. Zwei Stunden später wanderte ich durch den Tiergarten und wieder kreisten meine Gedanken um die ‚heilige Schrift', vielleicht auch, weil ich einen ‚Hinz und Kunzt' Austräger mit Mildtätigkeit bedachte.
Dabei ist die Gastfreundschaft ja eigentlich das Leitmotiv der Hotellerie. Und gemäß den Definitionen der Lateinischen Bibel (altgriechisch biblia = Bücher, daher auch der Ausdruck Buch der Bücher) wird das Wort 'hospes' für Gast in den Wiedergaben der alttestamentlichen Texte zwar nur selten gebraucht, aber das Substantiv ‚Gastfreundschaft', was nichts weniger bedeutsames wie Hospitalität ausdrückt, wird öfter und analog zum griechischen Sprachgebrauch verwendet. Und meint vor allem die Bewirtung und sichere Beherbergung von fremden Menschen ‚im eigenen Heim'.
'Kohle' geht vor Menschlichkeit?
Das Hotelwesen hat dieses gemäß den Anforderungen des Kapitalismus unter den Anspruch der monetären Auswertung gestellt. Im März 2019 wurde in Veröffentlichungen auf eine neue EU-Richtlinie verwiesen, gemäß der Restaurants ihren Gästen zukünftig Leitungswasser kostenlos servieren sollen. Sollte ich dies aus christlichen Gründen gut finden oder wie die DEHOGA kritisieren?
Bei dem Gedanken lief mir der nächste Berliner Bettler über den Weg, ich drückte ihm schnell einen Euro in die Hand. Es war das erste warme Wochenende Ende März und ich ging zum Hotel zurück. Dort begegnete ich dem Ehepaar, mit dem ich beim Frühstück die Missbrauchsfälle der katholischen Kirche diskutiert hatte. Nach neuesten Analysen nehmen auch deswegen die Gläubigen hierzulande stark ab, während sie in Afrika, Asien und Lateinamerika zunehmen, allerdings mit sehr konservativen Einstellungen.
Bibel im Hotelzimmer nur auf Bestellung
So wird es mit der Hotel-Bibel in Deutschland dann wohl kommen wie es im Relaxa am Anhalter Bahnhof in der Hotelzimmermappe verwaltet wird: ‚Eine Bibel erhalten Sie auf Anfrage, bitte Telefon 801 wählen'. Auch noch in 10 Jahren? - wenn man Glück hat.
Zu hoffen ist, dass sich die Branche auf ihre christlichen Wurzeln besinnt. Die Negation der DEHOGA zum kostenlosen Wasser in der Gaststätte ist dann falsch, wenn man als Gast beim Bestellen schon ein schlechtes Gewissen bekommen muss, nur weil man einmal eine Kopfschmerztabelle hinunterspülen muss. Also: ein bisschen mehr Coolness steht uns allen gut und nicht nur bei der Meldung zum nächsten Rekord, der zum x-ten Mal den alten überflügelt hat.
Tags: Bibel Hotel