FTI Pleite weshalb?
Wegen der Probleme von FTI musste der Staat zu Zeiten von Corona mit einer Finanzspritze von 600 Mio. Euro helfen. Doch die Probleme hielten an, Reisebüros sprangen ab, dadurch sanken die Umsätze in 2024 immer weiter. Zuletzt sagte ein Investor "no", das war’s dann...
Meldung vom 27.05.25 / Herausgeber: Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen
Insolvenzverfahren FTI Touristik GmbH
- Große Fortschritte bei Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen
- Hotelverkäufe sichern Tausende Arbeitsplätze im Ausland
- Bisher Forderungen in Höhe von knapp 980 Mio. Euro angemeldet
München, 27. Mai 2025 – Knapp ein Jahr nach dem Insolvenzantrag der Reiseveranstalter FTI Touristik GmbH und BigXtra Touristik GmbH, die den Kern des drittgrößten europäischen Reisekonzerns FTI GROUP bildeten, zieht Insolvenzverwalter Axel Bierbach von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen (München) eine positive Zwischenbilanz. Inzwischen wurden alle werthaltigen Unternehmensbeteiligungen, immateriellen Vermögenswerte und weiteren Assets identifiziert und aus der Konzernstruktur herausgelöst. Sie befinden sich entweder im Verkaufsprozess oder wurden bereits veräußert.
„Die Aufarbeitung dieses komplexen Insolvenzverfahrens schreitet zügig voran. Wir haben bereits wichtige Meilensteine erreicht“, sagte Bierbach am Dienstag. Während im Erstattungsprozess für Pauschalreisende der größte Teil der Auszahlungen durch den Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF) bereits erfolgt ist, wird sich die Prüfung von Forderungen zur Insolvenztabelle angesichts der großen Zahl an Gläubigern noch über mehrere Jahre hinziehen.
Die Abwicklung des FTI-Konzerns mit 11.000 Mitarbeitern, einem Jahresumsatz von rund vier Mrd. Euro und 110 in- und ausländischen Gesellschaften mit dezentraler Organisationsstruktur habe sehr hohe Anforderungen an alle Beteiligten gestellt, sagte Insolvenzverwalter Bierbach.
„Unser Kanzleiteam hat mit großem Einsatz, fachlicher Expertise und hohem Arbeitstempo agiert. Die erfolgreiche Abwicklung verdanken wir aber auch den Beschäftigten von FTI im In- und Ausland, die uns in den vergangenen zwölf Monaten sehr engagiert unterstützt haben. Dass wir ein Jahr nach dem Insolvenzantrag bereits so viel erreicht haben, ist das Ergebnis eines außergewöhnlichen gemeinsamen Kraftakts“, so Bierbach weiter.
Seit den Insolvenzanträgen der FTI Touristik GmbH und der BigXtra GmbH Anfang Juni 2024 hat die Insolvenzverwaltung einen großen Teil der operativen Geschäftseinheiten des Konzerns an strategische Investoren veräußert. Im eröffneten Verfahren konnten die Marke und Domains von FTI, die Markenrechte an der Flugbörse sowie die Domain drive.de verkauft werden.
Im vorläufigen Insolvenzverfahren hatte Insolvenzverwalter Bierbach bereits das Servicecenter erf24 touristic services GmbH, den Luxusreiseveranstalter WINDROSE Finest Travel GmbH, den IT-Dienstleister Anixe Polen, die Online-Reiseplattform 5vor Flug, die 50-prozentigen Anteile an der TVG Touristik Vertriebsgesellschaft mbH sowie den Anteil an der RT/Raiffeisen Touristik Group GmbH veräußert. Damit hat die Insolvenzverwaltung, die bei allen M&A-Transaktionen von der US-Investmentbank Stifel als exklusivem Finanzberater der FTI GROUP begleitet wird, mehrere hundert Arbeitsplätze gesichert und bestmögliche Erlöse im Sinne der Gläubiger erzielt.
Deutliche Fortschritte beim Verkauf des umfangreichen Hotel-Portfolios
Bei der Veräußerung des Hotel-Portfolios mit einst 54 Häusern in den Zieldestinationen, in denen ein Großteil der Konzernmitarbeiter beschäftigt war, gibt es ebenfalls deutliche Fortschritte. Kanzleipartner Oliver Schartl, der als Insolvenzverwalter der Meeting Point Hotelmanagement Holding GmbH für den gesamten Hotel-Bereich verantwortlich ist, hat bereits fünf der ehemals sieben im Eigentum von FTI stehenden Hotels in Italien, der Türkei, Griechenland und auf Malta erfolgreich verkauft – ebenso wie zwei gepachtete Hotels in Kroatien.
Auch das Hotel-Joint-Venture in Marokko sowie ein Joint Venture an einer Sprachschule mit Boarding Hotel auf Malta wurden an neue Investoren übertragen. In allen Fällen bleiben die Arbeitsplätze erhalten. Für zwei FTI-eigene Hotels in Ägypten wird zeitnah eine Lösung erwartet.
In einem weit fortgeschrittenen Verhandlungsstadium befinden sich die Investorengespräche zum Verkauf der gepachteten Hotels in Spanien und in der Türkei, in denen mehr als 2.000 Mitarbeiter beschäftigt sind. Mit einem erfolgreichen Abschluss rechnet Schartl bis spätestens zum Jahresende. Lediglich der Verkaufsprozess für den seit Jahren brachliegenden Hotelkomplex Stella Canaris auf Fuerteventura wird voraussichtlich erst im Jahr 2026 oder 2027 abgeschlossen werden können.
„Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen konnten wir tragfähige Investorenlösungen finden. Der Weiterbetrieb der Hotels unter neuen Eigentümern ist eine gute Nachricht für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für die betroffenen Urlaubsregionen“, sagte Schartl.
Mit den bereits erfolgten und kurz bevorstehenden Verkäufen werden die Arbeitsplätze aller derzeit rund 3.500 in den Hotels Beschäftigten gesichert. Insolvenzverwalter Schartl betonte, dass die Geschäftsbetriebe der Hotelgesellschaften seit dem Insolvenzantrag von FTI stabil und weitestgehend uneingeschränkt weiterlaufen.
Die Erlöse aus der Verwertung der Hotels lassen sich noch nicht abschließend beziffern. Zusammen mit den Erlösen aus den Verkäufen der übrigen Unternehmensbeteiligungen bilden sie die Haupt-Einnahmequelle, die den Gläubigern am Verfahrensende bei der Quotenauszahlung zugutekommen wird.
Ein weiterer maßgeblicher Erlösposten sind die Einnahmen aus dem Refund von Flugtickets, den Rückerstattungen der Fluggesellschaften für stornierte oder bereits bezahlte, aber nicht genutzte Flugtickets. Der FTI-Ticketshop Germany GmbH, der den Refund-Prozess durchführte, war allerdings nicht verkäuflich und musste inzwischen, ebenso wie seine ausländischen Tochtergesellschaften, liquidiert werden.
Freigestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten umfangreiche Auszahlungen
Bis Ende 2024 waren in der Münchner FTI-Zentrale noch mehr als 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt; derzeit arbeiten noch rund 40 FTI-Beschäftigte mit dem Kanzlei-Team an der Abwicklung des Konzerns mit. Die meisten der rund 800 Beschäftigten, die zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags im Tour Operating von FTI gearbeitet haben, haben inzwischen einen neuen Job gefunden. „Die Wettbewerber im Reisemarkt haben eine große Anzahl des FTI-Personals aufgefangen und eingestellt“, sagte Bierbach.
Der Insolvenzverwalter bezeichnete es als sehr erfreulich, dass in dem Verfahren nun keine Masseunzulänglichkeit mehr vorliegt. „Die derzeit vorhandene Insolvenzmasse deckt sämtliche Massekosten und -verbindlichkeiten. Daher gehe ich davon aus, dass die freigestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Bundesagentur für Arbeit für den Kündigungszeitraum rund 6,3 Mio. Euro an Differenzlöhnen und Anspruchsübergängen erhalten werden“, sagte er. Die Auszahlungen betreffen rund 600 Beschäftigte und sollen voraussichtlich im Laufe dieses Sommers erfolgen.
Die Kooperation mit dem DRSF im Erstattungsprozess für Pauschalreisende bewertete Insolvenzverwalter Bierbach ebenfalls positiv: „Die Insolvenz von FTI war der erste Fall, in dem eine Insolvenzverwaltungskanzlei und der DRSF derart intensiv und umfassend zusammengearbeitet haben.
Dies ist uns in Anbetracht der großen Anzahl betroffener Reisender und der Komplexität sehr gut gelungen“, sagte er. Bierbach bezeichnete es als gemeinsamen Anfangserfolg, dass die allermeisten der rund 60.000 Reisenden, die zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung von FTI in den Zieldestinationen unterwegs waren, ihren Urlaub ungehindert beenden konnten.
Auch in der Kundenkommunikation und im Datenlieferprozess war die Zusammenarbeit von Insolvenzverwaltung und DRSF in den vergangenen zwölf Monaten nach Angaben von Bierbach sehr konstruktiv. FTI sei der Verpflichtung zur Lieferung von Kundendaten, die für den Erstattungsprozess benötigt werden, umfassend nachgekommen.
Diese Aufgabe gestaltete sich außergewöhnlich zeitaufwändig und komplex. „Mein besonderer Dank gilt den Beschäftigten von FTI, die mit großem Engagement an der umfangreichen Datenlieferung mitgearbeitet und dabei, ebenso wie die Verwalterkanzlei, stets die Interessen der Kunden im Blick behalten haben“, sagte er.
Der Großteil der Pauschalreisenden hat seine für FTI-Reisen geleisteten Zahlungen inzwischen vom DRSF erstattet bekommen. Es gibt allerdings Sachverhalte mit erhöhtem Klärungsbedarf, weshalb die Bearbeitung in einigen Fällen noch andauert. Dies betrifft unter anderem den Datenerfassungsprozess beim Agenturinkasso.
„Die Kanzlei hat erhebliche Anstrengungen darauf verwendet, die ehemaligen Vertriebspartner von FTI bei der Übermittlung der Kundendaten zu unterstützen“, sagte der Insolvenzverwalter. In Abstimmung mit dem DRSF schrieb er mehrfach alle Reisebüros bzw. Agenturen an, die die Daten ihrer Kunden noch nicht an FTI übermittelt haben.
Zudem stellte er ein Agenturportal zur Verfügung, über das die Agenturen fehlende Kontaktdaten ihrer Kunden sicher und datenschutzkonform übermitteln können. „Wir haben den Datenerfassungsprozess so gut wie möglich angestoßen. Es bleibt nun abzuwarten, ob alle fehlenden Daten noch erfasst werden können“, so Bierbach.
Bisher Forderungen in Höhe von knapp 980 Mio. Euro
Seit Verfahrenseröffnung können alle Gläubiger – dies sind neben Reisenden auch Hotels, Lieferanten und Kreditgeber - ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden. Bisher haben insgesamt mehr als 73.000 Gläubiger Forderungen in einer Gesamthöhe von knapp 980 Mio. Euro angemeldet.
Die Forderungsprüfung findet in mehreren Terminen, mindestens noch über das gesamte Jahr 2025 hinweg, statt. Gläubiger können ihre Forderungen während der gesamten Verfahrensdauer anmelden. Für Anmeldungen, die nach den Prüfungsterminen eingehen, wird allerdings eine Nachmeldegebühr erhoben.
Diejenigen Gläubiger, die ihre Erstattung nicht vom DRSF erhalten, bittet der Insolvenzverwalter erneut, ihre Forderungen über das Verfahrensportal https://fti-inso.de anzumelden. Dort können sich die Gläubiger auch jederzeit über den aktuellen Stand ihrer Forderungen informieren. Für Kundenanfragen zu den Forderungsanmeldungen stehen die Kontaktadressen insolvenz@fti-inso.de (anstatt wie bisher die Adresse insolvenz@fti.de) und fti@mhbk.de sowie die Hotline-Nummer +49 89 2525 4000 zur Verfügung.
Insolvenzverwalter Bierbach bekräftigte, dass die weitere Abwicklung und Verwertung des FTI-Konzerns sowie die Forderungsprüfungen angesichts der großen Gläubigerzahl noch mehrere Jahre andauern wird und die Gläubiger erst am Ende des Verfahrens eine Auszahlung erhalten werden. „Es ist jetzt schon absehbar, dass die Quote sehr gering ausfallen wird. Eine genaue Einschätzung ist aber erst nach Abschluss der Forderungsprüfung und der Vermögensverwertung möglich“, so Bierbach.
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Die FTI Touristik GmbH sagt alle FTI-Reisen bis einschließlich 05. Juli 2024 ab
- Alle Reisen mit Abreisetermin bis Freitag, o5. Juli 2024, werden von FTI umgehend aktiv storniert
- Entscheidung betrifft alle Reisebuchungen über die FTI Touristik GmbH, die Vertriebsmarke 5vorFlug und die BigXtra Touristik GmbH
- Prüfung, ob Pauschalreisen ab 06. Juli 2024 alternativ von anderen Anbietern durchgeführt werden können, läuft weiterhin mit Hochdruck
München, 07. Juni 2024 – Die FTI Touristik GmbH hat nach intensiver Prüfung und in enger Abstimmung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Axel Bierbach und dem Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF) entschieden, alle Reisen mit Abreisetermin bis einschließlich Freitag, 05. Juli 2024, abzusagen. Das Unternehmen hat bereits begonnen, die betroffenen Kunden und die Leistungspartner über die Stornierungen zu informieren.
„Gemeinsam mit FTI und dem DRSF prüfen wir im Interesse der Kunden seit Anfang der Woche alle Optionen für eine weitere Durchführung bereits gebuchter Reisen. Eine Lösung erscheint möglich, aber nicht in den nächsten Tagen. Im Interesse der kurzfristig abreisenden Kunden halten wir es daher für die beste Lösung, alle Reisen mit Urlaubsantritt in den kommenden vier Wochen abzusagen. Dies gibt den Kunden die dringend nötige Planungssicherheit und Flexibilität für ihren kurz bevorstehenden Urlaub“, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Bierbach am Freitag in München. Eine Durchführung der Reisen in diesem Zeitraum wäre demnach mit zu vielen Unsicherheitsfaktoren und Risiken für die Urlauber in den Zielländern verbunden gewesen.
Die Entscheidung betrifft alle Pauschalreisen, Einzelbuchungen und Einzelleistungen, die Kunden für diesen Zeitraum über die FTI Touristik GmbH, die Vertriebsmarke 5vorFlug und die BigXtra Touristik GmbH gebucht haben. Die zum FTI-Konzern gehörige Tochtergesellschaft BigXtra Touristik GmbH hat am gestrigen Donnerstag, 06. Juni 2024, ebenfalls einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht München gestellt. Axel Bierbach von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen (München) wurde auch für diese Gesellschaft zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.
Was gebuchte Reisen über FTI und BigXtra mit Reiseantritt ab Samstag, 06. Juli 2024, betrifft, suchen FTI und der vorläufige Insolvenzverwalter gemeinsam mit dem DRSF weiterhin mit Hochdruck nach einer Lösung, die den Interessen der Kunden und Leistungspartner bestmöglich gerecht wird. „Es laufen intensive Verhandlungen mit Wettbewerbern, in denen wir ausloten, ob eine Übernahme von Pauschalreisen möglich und praktisch durchführbar ist“, sagte Bierbach.
„Unser Ziel ist, den Kunden eine Reise in der geplanten Urlaubszeit an das geplante Reiseziel zum vereinbarten Reisepreis unter Anrechnung der bereits geleisteten Anzahlung zu ermöglichen. Gerade für Kunden mit hohen Anzahlungen oder kleinem Budget wäre dies eine Möglichkeit zu reisen, ohne erst auf die Erstattung der bereits an FTI bezahlten Reisekosten durch den DRSF warten zu müssen. Gleichzeitig ist uns allen bewusst, dass wir für eine solche Lösung nur wenig Zeit haben, da die Unsicherheit - gerade angesichts der bevorstehenden Sommerferien - eine große Belastung für alle betroffenen Urlauber darstellt“, fügte er hinzu. Daher soll eine Entscheidung darüber, ob alle übrigen Buchungen storniert oder von anderen Anbietern übernommen werden, sehr zeitnah fallen.
Im Hinblick auf die Urlauber, die sich derzeit noch in den Zielländern aufhalten, sagte Bierbach: „Wir bedauern die entstandenen Unannehmlichkeiten sehr und bemühen uns gemeinsam nach Kräften darum, diese für alle Betroffenen so gering wie möglich zu halten.“
Mehr Infos zu dem Thema: Vorläufiges Insolvenzverfahren FTI Touristik GmbH
Quelle Presseabteilung FTI
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Alte Meldung vom 5. Juni 2024
Vorläufiger Insolvenzverwalter Axel Bierbach strebt schnellstmögliche Lösungen für Kunden an - Unterstützung von Urlaubern in Zielgebieten hat höchste Priorität
- Alle Reisen mit Abreisetermin bis Montag, 10. Juni 2024, werden von FTI abgesagt
- Übrige gebuchte Pauschalreisen sollen von anderen Anbietern durchgeführt werden/Prüfung läuft
- Neue Reisebuchungen über Portale nicht mehr möglich/Geschäftsbetrieb läuft eingeschränkt weiter
- Löhne und Gehälter der 843 Mitarbeiter der FTI Touristik GmbH werden bis Ende August über Insolvenzgeld gesichert
München, 05. Juni 2024 – Die FTI Touristik GmbH, Obergesellschaft der FTI-Gruppe, hat am Montag, den 03. Juni 2024, beim Amtsgericht München einen Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gestellt. Das Amtsgericht ist dem Antrag am selben Tag gefolgt und hat den Sanierungsexperten und Rechtsanwalt Axel Bierbach von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen (München) als vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Bierbach und sein Team verschaffen sich seit Montagnachmittag im Unternehmen einen ersten Überblick über die aktuelle Lage. Gespräche mit der Geschäftsführung und maßgeblichen Beteiligten laufen.
In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF), der ebenfalls bereits mit einem Team in München vor Ort ist, versucht FTI mit Bierbach und seinem Team nun schnellstmögliche Lösungen für alle von der Insolvenz betroffenen Kunden der FTI Touristik GmbH zu erarbeiten. Der Deutsche Reisesicherungsfonds schützt auftragsgemäß Verbraucher, die eine Pauschalreise oder Reise mit verbundenen Reiseleistungen bei der FTI Touristik GmbH gebucht haben und von der Insolvenz betroffen sind.
„FTI, der DRSF und ich wissen, in welch schwieriger und emotional belastender Situation die betroffenen Urlauber nun stecken und setzen gemeinsam alles daran, schnelle und gute Lösungen für die Kunden zu finden, um so weit wie möglich Schaden von ihnen abzuwenden“, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Axel Bierbach am Mittwoch. Oberste Priorität hätten dabei diejenigen rund 60.000 Urlauber, die gerade in den Zielgebieten unterwegs seien. „Wir sind darum bemüht, dafür zu sorgen, dass die Reisenden ihren begonnenen Urlaub zu Ende führen und planmäßig und sicher nach Hause zurückreisen können“, sagte er. Dieser Prozess laufe bisher sehr strukturiert und weitestgehend geordnet ab. Um etwaige Probleme vor Ort lösen zu können, seien Ansprechpartner des Unternehmens für die Kunden von FTI erreichbar; FTI hat eine Hotline für Kundenanfragen eingerichtet.
Die Reisen derjenigen FTI-Kunden, die in den kommenden Tagen ihre Reise antreten wollten, müssen nach Auskunft des vorläufigen Insolvenzverwalters abgesagt werden, da ein reibungsloser Reiseablauf in den Zielländern nicht garantiert werden kann. Dies gilt Bierbach zufolge für alle über FTI Touristik GmbH gebuchten Reisen bis einschließlich Montag, den 10. Juni 2024.
Für Reisen nach diesem Zeitpunkt wird derzeit nach Lösungen gesucht, um die Reisen geordnet durchführen zu können. „Wir loten mit Hochdruck sämtliche Möglichkeiten aus, um die gebuchten Reisen ab einem frühestmöglichen Zeitpunkt wie geplant von anderen Reiseanbietern durchzuführen zu lassen“, sagte Bierbach. Ob und wie dies konkret funktionieren kann, darüber werden die Kunden so bald wie möglich von FTI informiert werden. Nach Angaben des vorläufigen Insolvenzverwalters laufen bereits Gespräche mit anderen Anbietern. „Wir hoffen, eine Lösung für Reisen ab spätestens 1. Juli zu finden“, sagte Bierbach.
Bierbach bestätigte, dass alle Kundenzahlungen der über FTI Touristik GmbH gebuchten Pauschalreisen durch den DRSF abgesichert sind. Der DRSF werde geleistete Zahlungen für nicht erbrachte Leistungen übernehmen, so dass Pauschalreise-Kunden nicht befürchten müssten, dass ihnen durch die Insolvenz der FTI Touristik GmbH Geld verloren gehe. Auch etwaige Vorauszahlungen von Pauschalreise-Kunden werde der DRSF erstatten, falls es nicht gelingt, diese Reisen durchzuführen. Der Anteil an Pauschalreise-Buchungen bei FTI beträgt mehr als 90 Prozent.
Fest steht bereits, dass neue Reisen bei FTI ab sofort nicht mehr gebucht werden können. Die entsprechenden Buchungsportale seien bereits am Montag abgeschaltet worden, bestätigte Bierbach. Der Geschäftsbetrieb laufe daher nur noch eingeschränkt weiter. Die Mitarbeiter von FTI seien jedoch sehr darum bemüht, alle aktuellen Themen so gut und schnell wie möglich zu bearbeiten. Das eigens erweiterte Callcenter verfüge über im weiteren Aufbau befindliche Kapazitäten.
Bierbach hat inzwischen erste Gespräche mit den Mitarbeitern und dem Betriebsrat in der Konzernzentrale in München organisiert. Er wird die Beschäftigten in Kürze über die aktuelle Lage und über die nächsten geplanten Schritte informieren. Die Löhne und Gehälter der rund 843 Beschäftigten sind bis Ende Mai 2024 bezahlt. Für den Zeitraum Juni bis einschließlich August 2024 sind die Mitarbeiter durch das Insolvenzgeld abgesichert.
Der vorläufige Insolvenzverwalter wird nun alle Optionen prüfen, ob und in welcher Form Fortführungsmöglichkeiten für das insolvente Unternehmen bestehen und dabei auch Möglichkeiten für den Verkauf von Geschäftsbereichen im In- und Ausland sondieren.
Alles Weitere zur Insolvenz von FTI Touristik GmbH
Wie lautet die Kunden-Hotline von FTI?
- Die Kunden-Hotline von FTI ist unter der Nummer +49 89 710 45 14 98 erreichbar. Zudem steht Kunden auf www.fti-group.com/de/insolvenz eine Support-Website zur Verfügung.
Was bedeutet FTI?
Die FTI Touristik GmbH (FTI) wurde 1983 gegründet, der Name stammt ursprünglich von FTI = Frosch Touristik GmbH. Das Unternehmen gehört zu den TOP5 der Reiseveranstalter Deutschlands.
FTI Group Historie
- 1987 - FTI kauft die Geschäftsanteile der 1980 gegründeten LAL Sprachreisen GmbH
- 1989 - FTI erwirbt die CA Ferntouristik GmbH, einen der führenden deutschen Fernreiseveranstalter
- 1990 - Die Frosch Software GmbH, ein Anbieter für touristische Spezialsoftware, sowie die UK Touristik GmbH, ein Spezialreiseveranstalter für Großbritannien und Irland, gehen in Gründung
- 1992 - Der Schweizer Veranstalter CA Fernreisen AG (später: FTI Touristik AG) wird von der FTI gegründet
- 1993 - In Orlando gründet FTI die CA Ferntouristik Inc., die später als FTI North America Inc. firmiert
- 1995 - FTI übernimmt die AIR-MARITIME Seereisen GmbH, einen Spezialanbieter für Fluss- und Hochseekreuzfahrten. FTI startet in Linz die Veranstalteraktivitäten in Österreich
- 1996 - Die Dachmarke FTI Touristik wird eingeführt.
- 1998 - Das Last-Minute-Programm 5 vor Flug wird ins Leben gerufen. Der britische Reiseveranstalter Airtours plc, zu diesem Zeitpunkt zweitgrößter Reisekonzern Europas, steigt im Mai mit rund 30 Prozent bei FTI ein
- 1999 - FTI bringt den eigenen Mietwagenbroker driveFTI auf den Markt
- 2000 - Airtours plc übernimmt im Juli die restlichen Geschäftsanteile. Der Gründer und CEO, Dietmar Gunz, verlässt Ende August das Unternehmen
- 2002 - Nach einer Umbenennung des Mutterkonzerns Airtours plc. wird FTI im Februar Teil der MyTravel Group
- 2003 - Am 1. Oktober erwirbt die RM2366 Vermögensverwaltungs GmbH, eine Investorengruppe um Dietmar Gunz, FTI zurück
- 2004 - Der Produktbereich 5 vor Flug wird in die Tochtergesellschaft 5 vor Flug GmbH ausgegliedert
- 2005 - Das Online-Portal zur Flug- und Reisesuche fly.de wird gegründet
- 2006 - FTI baut den Multi-Channel-Vertrieb durch die Zusammenarbeit mit der Euvia Travel GmbH (Betreibergesellschaft von sonnenklar.TV) und der BigXtra Touristik GmbH weiter aus
- Seit Herbst 2006 wird diese Ausrichtung durch ein Franchisekonzept der TVG unter dem Namen sonnenklar.TV Reisebüro ergänzt
- 2007 - FTI verkauft die AIR-MARITIME Seereisen GmbH an deren damlaigen Geschäftsführer, Alexander Gessl. Die Euvia Travel GmbH, Betreibergesellschaft von sonnenklar.TV, wird im Dezember Tochterunternehmen von FTI
FTI Kennzahlen/Umsatz
- Umsatz 2008/2009 - Die FTI Group schließt mit einem Umsatz von 1,093 Milliarden Euro ab
- Umsatz 2010/2011 - 1,63 Milliarden Euro fakturiert, 1,47 Milliarden Euro konsolidiert
- Umsatz 2011/2012 - 2,2 Milliarden Euro fakturiert, 1,8 Milliarden Euro konsolidiert
- Umsatz 2012/2013 - 2,1 Milliarden Euro fakturiert
- Umsatz 2016/2017 - 3,0 Milliarden Euro (konsolidiert), Mitarbeiter: rund 7.000
- Umsatz 2017/2018 - 3,6 Milliarden Euro - 10.000 Mitarbeiter weltweit
FTI News
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Resumee: Zur FTI Group gehören der fünftgrößte Reiseveranstalter Deutschlands, FTI Touristik, sowie der Kurzfristveranstalter 5vorFlug, der Mietwagenbroker DriveFTI, das Online-Portal fly.de, der größte deutsche Sprachreisenveranstalter LAL Sprachreisen, die Inbound Company Meeting Point International und der Veranstalter für Aktionsware BigXtra. Der Consolidator FTI-Ticketshop ist für den Verkauf von Linienflugtickets zuständig.
Deutschlandweit vertreiben rund 10.000 Partneragenturen die FTI-Produkte. Unter dem Dach des hundertprozentigen Tochterunternehmens Touristik Vertriebsgesellschaft mbH (TVG) hat die FTI Group ihre Franchisesysteme gebündelt. Ein weiterer wichtiger Vertriebskanal ist der zum Unternehmen gehörende TV-Reiseshoppingsender sonnenklar.TV. Die FTI Group mit Hauptsitz in München beschäftigt weltweit mit den Tochterfirmen rund 1.500 Mitarbeiter.
Tipps
FTI Group - ein Begriff der Rubrik Tourismus
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