Warum wir eine Reisegutscheinlösung brauchen
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Reisegutscheinlösung ist notwendig

15.04.2020 | asr Allianz selbständiger Reiseunternehmen - Bundesverband e.V.

Gutscheine statt Barauszahlungen für Kunden / Fonds für Rückzahlungsverpflichtungen aus stornierten Reisen / Soforthilfe statt Überbrückungskredite

Symbolbild Reise / Bildquelle: Hotelier.de
Symbolbild Reise / Bildquelle: Hotelier.de

Warum Reisegutscheine, die über eine staatlichen Fonds abgesichert sein müssen, die einzige Alternative sind, möchten wir gerne auch Ihnen darstellen. Die Sorge, dass die Steuerzahler das Haftungsrisiko tragen und letztlich auch die daraus möglicherweise resultierenden Kosten, können wir voll und ganz nachvollziehen. Gerade um eben dieses Risiko zu minimieren, ist die Gutscheinlösung die einzig wirksame – die wirtschaftlichen Folgen für die Steuerzahler wären ohne diese Lösung verheerend und sind nur mit diesem Modell sinnvoll zu bewältigen.

Gerne erläutern wir dies anhand der konkreten Zahlen.

Die Ausgangslage:

  • Der Umsatzausfall bei den deutschen Reiseveranstaltern und Reisebüros summiert sich nach unseren Hochrechnungen, deren Ergebnis sich mit denen des Deutschen Reiseverbandes (DRV) decken, alleine für die bisher abgesagten Reisen von Mitte März bis Ende April auf mehr als 4,8 Milliarden Euro.
  • Hinzu kommen die bereits erhaltenen Anzahlungen für Reisen ab Mai bis zum Teil schon in 2021 oder bei Kreuzfahrtanbietern auch für 2022 – diese liegen bei noch einmal min. 5 Mrd. Euro, denn der deutsche Veranstaltermarkt erzielt etwa zwei Drittel seines Jahresumsatzes von ca. 36 Mrd. Euro im Sommer – und für diese Umsätze von ca. 24 Mrd. Euro wurden kundenseitig schon min. 20% Anzahlung auf jede Buchung geleistet.
  • Insgesamt stehen also knapp 10 Mrd. Euro Kundengelder aktuell im Risiko
  • Sollte ab 1. Mai weltweit der Reisverkehr wieder planmäßig und in vollem Umfang aufgenommen werden (was unserer Einschätzung nach leider unwahrscheinlich ist), bliebe es zwar bei dieser Summe; doch auch diese Situation würde schon etwa drei Viertel der deutschen Veranstalter in die Zahlungsunfähigkeit treiben, wenn die Kundengelder für alle abgesagten Reisen vollständig zurückgezahlt werden müssten.
  • Warum ist das so? Diese 10 Mrd. Euro, die nach geltendem Recht zurückzuzahlen wären, sind derzeit bei den Reiseveranstaltern schlichtweg nicht vorhanden, denn mit diesen Geldern wurden schon Leistungen für die Kunden vor Ort eingekauft: Flüge, Hotels etc. Die Veranstalter erhalten diese Gelder aktuell nicht von den sog. Leistungsträgern zurück, weil insbesondere die Fluggesellschaften, aber auch viele Hotels in den Zielgebieten ihrerseits aufgrund vollständig ausbleibender Einnahmen nicht in der Lage sind, die Gelder an die europäischen Reiseveranstalter zurückzuzahlen.

Modell 1: "Freiwillige Gutscheinlösung"

  • Wir rechnen im optimistischsten Fall damit, dass 20% der Kunden hierzu bereit wären. Zu dieser niedrigen Quote haben leider auch Vertreter fast aller Parteien beigetragen: Ein Insolvenzrisiko der gutscheinausgebenden Veranstalter öffentlich in den Raum zu stellen ist extrem kontraproduktiv, wenn es gilt, den Kunden zu überzeugen, das Geld beim Veranstalter zu belassen …
  • Nach unseren Umfragen unter unseren Mitgliedern zum Zahlungsfluss in ihren Unternehmen wird aber deutlich: Es müssten bei fast allen Veranstaltern mindestens 80% der Kunden einen Gutschein akzeptieren um die notwendige Liquidität des Unternehmens sicherzustellen.
  • Im Ergebnis werden bei einer freiwilligen Gutscheinlösung etwa drei Viertel der Veranstalter insolvent werden. Damit würden Kundenanzahlungen in Höhe von sieben bis acht Mrd. Euro wertlos. Sie haben völlig recht, wenn Sie schreiben: "Mit einem Reisegutschein kann niemand einkaufen gehen." Bitte beachten Sie dabei aber auch, dass Reiseveranstalter derzeit von den Fluggesellschaften ebenfalls nur Gutscheine erhalten: Eine Lufthansa AG wird voraussichtlich staatliche Unterstützung in Milliardenhöhe erhalten – gibt an ihre Vertragspartner rechtswidrig aber nur Gutscheine aus. Wie, bitte, sollen wir von den an uns ausgegebenen Gutscheinen dann die Kunden "in Cash" auszahlen? Dies wird zwangsweise zu den geschilderten Insolvenzen führen müssen.
  • Da aber über die fünf verschiedenen Insolvenzabsicherer im Markt auch im besten Falle maximal 5 x 110 Mio. EUR zur Kompensation zur Verfügung stehen, werden die Reisenden Ansprüche von 6,5 bis 7,5 Mrd. Euro nicht erstattet bekommen. Entweder werden Millionen deutsche Urlauber geschädigt – oder der Bund entscheidet sich (wie im Falle Thomas Cook) hier in die Bresche zu springen und die Ausfälle in Milliardenhöhe zu erstatten. Der gesamtwirtschaftliche Schaden wäre in beiden Szenarien immens.

Modell 2: "Vorgeschriebene Gutscheinlösung"

Die vorgesehene Rückzahlungsfrist bis 31.12.2021 stellt sicher, dass die verauslagten Kundengelder an Fluggesellschaften und Hotels bis dahin größtenteils wieder bei den deutschen Reiseveranstaltern eingetroffen sind und deren Liquidität stabilisieren. Das würde allen Reiseveranstaltern drei wichtige Maßnahmen erlauben:

  • Auszahlung der Guthaben an Kunden, die diesen Betrag nicht in eine neue Reise investieren wollen, zum 31.12.2021
  • Auszahlung von Vergütungen an Reisebüros für die geleistete Arbeit
  • Aufbau von neuen Rücklagen durch ein "normales" Touristikjahr 2021

Nach unserer Einschätzung werden dennoch etwa ein Drittel der Veranstalter mit dieser Maßnahme alleine nicht überleben können, da alle Einnahmen fehlen - siehe Modell 3. Dennoch wäre der Schaden für die Verbraucher und damit die mögliche Staatshaftung nicht einmal halb so hoch wie im Modell 1, also bei "nur" ca. 3 Mrd. Euro

Modell 3: "Vorgeschriebene Gutscheinlösung" UND Soforthilfe

  • Beide Modelle, 1 und 2, beschäftigen sich ausschließlich mit der Überbrückung von Liquiditätsproblemen, lassen aber völlig außer Acht, dass zusätzlich neue Einnahmen entfallen und – anders als in allen anderen Branchen – Einnahmen über Monate zurückgezahlt werden müssen. Üblicherweise verbleiben jeweils etwa 10 bis 12% des Reisepreises bei den Reisebüros (Provision für Beratung und Vermittlung) und beim Veranstalter (Personal, Technik, Miete etc.).
  • Da aber der VOLLE Betrag an den Kunden zurückgezahlt muss (statt nur 75 bis 80% davon für die Abwicklung des Urlaubes einzusetzen), fehlen selbst mit der verpflichtenden Gutscheinlösung noch ALLE Einnahmen zur Deckung der Kosten des laufenden Geschäftsbetriebes.
  • Wir fordern daher: Von den bisher schon entfallenen Reisen im Wert von 4,8 Mrd. Euro sind je 10% an die Reisebüros und 10% an die Veranstalter als Soforthilfe zu zahlen – das wäre ein Topf von nur knapp einer Mrd. Euro.
  • Dieser würde aber – im Zusammenspiel mit einer verpflichtenden Gutscheinlösung, Kurzarbeits-Regelung etc. – das Insolvenzrisiko der Veranstalter nach unseren Berechnungen wieder auf die branchenüblichen 1 bis 2% des Marktes reduzieren, oder anders gesagt: 100 bis 200 Mio. Euro bei 10 Mrd. Euro "Risikosumme"
    Wenn diese Soforthilfe als Fonds ausgeführt würde, mit einer teilweisen Rückzahlungspflicht, ließe sich das Risiko weiter verkleinern.

Es mag Sie erstaunen, uns aber nicht: Direkte Nothilfe und verpflichtende Gutscheinlösung ist das Konzept, das insgesamt die betroffenen Urlauber, die Steuerzahler und den Bundeshaushalt am wenigsten belasten wird – DESWEGEN fordern wir diese Lösung!

asr: Die Allianz selbständiger Reiseunternehmen vertritt als strikt unabhängiger Bundesverband die Interessen von mittelständischen Reisebüros und Reiseveranstaltern. Ziel des Verbands ist, eine möglichst große Vielfalt von Reisemittlern und Reiseveranstaltern auf dem Markt zu erhalten. Die Bandbreite von Umsätzen und Beschäftigungszahlen der inhabergeprägten, von großen Reisekonzernen unabhängigen Mitgliedsunternehmen variiert. Neben den jährlichen Mitgliederversammlungen veranstaltet der asr Tagungen und Seminare zu aktuellen Themen und arbeitet an branchenrelevanten Projekten. Unterstützt wird der asr Bundesverband e.V. von außerordentlichen und fördernden Mitgliedern aus der Tourismusbranche.

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