Wie sich Hotels und Gaststättenbetriebe vor urheberrechtlichen Abmahnungen wegen illegaler Tauschbörsennutzung durch Gäste schützen können und was zu tun ist, wenn eine Abmahnung bereits vorliegt
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Wie sich Hotels und Gaststättenbetriebe vor urheberrechtlichen Abmahnungen wegen illegaler Tauschbörsennutzung durch Gäste schützen können und was zu tun ist, wenn eine Abmahnung bereits vorliegt

14.08.2014 | Dr. Lars Jaeschke

Immer wieder erhalten Hotels und Gaststättenbetriebe, die ihren Gästen als Service WLAN-Zugang zum Internet bieten, unerfreuliche Post von Anwaltskanzleien aus München, Hamburg, Berlin oder Frankfurt, um nur die gängigsten Standorte abmahnender Kanzleien zu nennen. Der Vorwurf lautet dann meist, es sei über den Internetanschluss des Hotels eine Verletzung von Urheberrecht in einem sog. Filesharing-Netzwerk bzw. einer Internet-Tauschbörse begangen worden. Dieser Rechtsverstoß sei beweissicher dokumentiert worden

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Dem eingeschalteten Landgericht habe man die Ermittlung des Internetanschlusses (sog. IP-Adresse) und die vorhandenen Urheberrechte an dem konkreten Werk glaubhaft gemacht, weshalb das Gericht den Internetprovider angewiesen habe, die Adressdaten des Betriebes herauszugeben.

Nach der Rechtsprechung sei der Anschlussinhaber für die begangene Rechtsverletzung verantwortlich — entweder als „Täter” weil der Rechtsverstoß vom Anschlussinhaber bzw. dessen Vertretungsberechtigten selbst begangen wurde oder als sog. „Störer” weil der Internetanschluss nicht ausreichend abgesichert wurde. Wenn man den Ausführungen in einer üblichen Filesharing-Abmahnung Glauben schenkt, haftet der Anschlussinhaber also praktisch immer. Wie die Rechtslage für Hotels und Gaststätten tatsächlich ist, erläutert Fachanwalt Dr. Lars Jaeschke im folgenden Gespräch

Herr Dr. Jaeschke, haften Hotels und Gaststätten für illegales Filesharing von Gästen wirklich immer?

Nein, das Gegenteil ist zutreffend. In der Regel scheidet eine solche Haftung aus, wenn das Hotel-WLAN nicht völlig ungesichert betrieben wird und Gäste darauf hingewiesen werden, dass über das Hotel-WLAN keine fremden Urheberrechte verletzt werden dürfen. Kommerziell betriebene Internet-Zugangsdiensteanbieter wie Hotels waren aber bisher noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Bezug auf eine mögliche Haftung für Urheberrechtsverletzungen durch Gäste bzw. WLAN-Nutzer. Bislang veröffentlichte Entscheidungen der Instanzgerichte bestätigen jedoch die von mir seit langem vertretene Rechtsansicht, dass eine Haftung von Hoteliers und Gaststättenbetreibern in der Regel ausgeschlossen werden kann.

Immer wieder werden dennoch gerade kleinere Hotels und Gaststättenbetriebe wegen illegalen Filesharings abgemahnt. Wie ist dies zu erklären?

Solange der BGH sich zu der Haftungsfrage in Bezug auf Hotels noch nicht geäußert hat, lässt sich auch eine Haftung von Hotels anwaltlich behaupten. Dennoch werden nach meiner Beobachtung größere Hotelketten von vielen Rechteinhabern schon seltener oder nicht mehr abgemahnt. Bei kleineren Betrieben, bei denen die Telefonanschlüsse auf den Inhaber, also natürliche Personen, angemeldet sind, ist nicht ersichtlich, dass der Anschluss zu einem Hotel gehört.

Wenn ein solcher Betrieb dann abgemahnt wurde, bleiben die Abmahner in der Regel bei der Behauptung, der Betrieb sei in der Haftung. Bei den von mir vertretenen Hotels hat aber auch nach umfangreichem Schriftverkehr bislang noch kein einziger Rechteinhaber geklagt. Bislang wurden von meinen Mandanten auch keine Vergleiche akzeptiert oder irgendwelche Zahlungen geleistet.

Könnten Sie im Einzelnen erläutern, warum Hotels und Gaststätten regelmäßig für Urheberrechtsverletzungen von Gästen in Tauschbörsen nicht haften?

Zum einen ist es Hotels und Gaststätten nach derzeit geltendem Datenschutz- und Telekommunikationsrecht weitgehend untersagt, sich Kenntnisse vom Inhalt der elektronischen Kommunikation ihrer Gäste zu verschaffen. Die Überwachung der Benutzer auf die Verwendung von Filesharing-Programmen ist also verboten.

Zum anderen sind „Internetsperren” rechtlich sehr problematisch. Der „Beitrag” eines Hotels zu etwaigen Rechtsverletzungen erschöpft sich zudem in der Bereitstellung einer im Informationszeitalter schlicht notwendigen neutralen Dienstleistung. Hotels sollten aber die Hinweise der Rechtsprechung berücksichtigen, um das Haftungsrisiko soweit wie möglich zu senken. Das LG Frankfurt am Main etwa hat (Az: 2-6 S 19/09) entschieden, dass Hotels jedenfalls unter bestimmten Umständen nicht für das unerlaubte Filesharing von Gästen haften.

Was raten Sie danach konkret?

Hotels sollten ihre Gäste auf die Pflicht zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben hinweisen, also etwa Hotspot-AGB verwenden, und im Rahmen des technisch Zumutbaren sicherstellen, dass nur Gäste Zugang zum Hotel-WLAN erhalten. Ein gänzlich offenes, d.h. ungesichertes, WLAN ist heute nicht mehr zu empfehlen. Wenn so vorgegangen wird, ist davon auszugehen, dass auch weitere Instanzgerichte eine Haftung von Hotels für illegales Filesharing von Gästen verneinen werden. Nach einem rechtskräftigen Urteil des LG München haftet ein Arbeitgeber zudem  grundsätzlich nicht für die illegale Teilnahme eines Mitarbeiters an einem Filesharing-System.

Kürzlich hat das Amtsgericht München (Urteil vom 15.02.2012, Az. 142 C 10921/11)  entschieden, dass auch Vermieter nicht für illegales Filesharing Ihrer Mieter haften. Die Voraussetzung der Haftungsfreistellung war wie im Fall, den das LG Frankfurt entschieden hat, dass der Hotelgast bzw. der Mieter ausdrücklich (vertraglich) darauf hingewiesen wurde, dass er über den Internetzugang keine fremden Urheberrechte verletzen dürfe. Die Hotel-Entscheidung des LG Frankfurt könnte eine Leitentscheidung auch für andere Gerichte sein, bindend für andere Gerichte ist sie jedoch nicht.

Sie sprachen vom „technisch Zumutbaren”. Was ist darunter zu verstehen ?

Ich rate dazu, ein gewerbliches WLAN-Netz mit dem jeweils aktuellen Sicherheitsstand zu versehen (derzeit WPA 2 — Verschlüsselung), wobei Kunden und Mitarbeitern ein, ggf. zeitlich begrenztes und ausreichend sicheres, Passwort zugeteilt werden sollte, um unbefugten Dritten möglichst keinen Zugriff zu ermöglichen.

Ein solches personenbezogenes Kundenpasswort hat zudem mutmaßlich den psychologischen Effekt, dass die Nutzer über „ihr” Passwort keine Rechtsverletzungen begehen werden. Wie umfangreich verkehrsübliche Sicherungsmaßnahmen im gewerblichen Verkehr aber tatsächlich konkret sein müssen, um die Haftung von Betreibern gewerblicher WLAN-Netze im Falle unerlaubten Filesharings durch Dritte auszuschliessen, ist aber noch ungeklärt. Sicher ist, dass die Zeit der „Freifunk”-Netze der Vergangenheit angehören sollte.

Was raten Sie Hotels und Gaststätten, die abgemahnt wurden?

Die Betroffenen sollten sich in der gesetzten Frist an einen Fachanwalt für gewerbliche Schutzrechte, einen sog. „Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz” wenden. Beim Urheberrecht handelt es sich um eine schwierige Spezialmaterie, die auch von den Gerichten bestimmten besonders fachkundigen Kammern zugewiesen wird. Den „besonderen Beratungsbedarf” decken die „Fachanwälte”, um mit Axel C. Filges, Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer, zu sprechen.

Allgemein gilt schon vor der Mandatierung eines Fachanwalts für Gewerblichen Rechtsschutz:  Die von den Abmahnanwälten der Abmahnung beigefügte Unterlassungsverpflichtungserklärung sollte nie voreilig unterschrieben werden, weil damit ein rechtsgültiger Vertrag geschlossen wird.

Die vorgefertigten Unterlassungsverpflichtungserklärungen sind in der Regel deutlich rechteinhaberfreundlich ausgestaltet, d.h. sehr weitgehend und enthalten oft konkrete und hohe Vertragsstrafen, zu denen sich das abgemahnte Unternehmen nicht verpflichten muss. Innerhalb der von den Abmahnanwälten gesetzten kurzen Frist ist zu entscheiden, wie weiter vorgegangen werden soll. Manchmal wird sich anbieten, eine auf den konkreten Sachverhalt zugeschnittene enge modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben.

Das hat den Vorteil, dass der größte Teil des Streitwertes, nämlich der des geltend gemachten Unterlassungsanspruches, der beim Filesharing etwa vollständiger aktueller Musikalben oder Kinofilmen nicht selten zwischen € 40.000,00 - € 50.000,00 oder höher liegt, in einem möglichen Prozess wegfallen würde und Streitwert also nur noch die Abmahngebühren und u.U. etwaiger Schadensersatz wären. Erfolgt nach Abgabe einer solchen Unterlassungserklärung nochmals ein Verstoss gegen die Urheberrechte des abmahnenden Rechteinhabers müsste das abgemahnte Unternehmen allerdings eine Vertragsstrafe zahlen, deren Höhe letztlich ein Gericht festlegen würde. Aus diesem Grund ist auch die Abgabe einer Vielzahl sog. vorbeugender Unterlassungserklärungen bei gewerblichen WLAN-Anbietern im Regelfall keinesfalls zu empfehlen.

Eine einzelne modifizierte Unterlassungserklärung gilt nicht gegenüber anderen Rechteinhabern. Gerade von kleinen Betrieben wird diese Variante oft bevorzugt, da die Abgabe einer Unterlassungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht in solchen Konstellationen aufgrund des viel geringeren Streitwertes das Prozesskostenrisiko und aufgrund der nicht eindeutigen Rechtslage das Risiko überhaupt verklagt zu werden, deutlich senkt. Es kommt aber auf den vielzitierten Einzelfall an. Es gibt auch Hotels, die aus prinzipiellen Erwägungen keine Verpflichtungserklärungen in Filesharing-Sachverhalten abgeben.

Das Wichtigste in der Zusammenfassung: So minimieren Hotels und Gaststätten ihr Haftungsrisiko

  • Hotel-WLAN mit  aktuellem Sicherheitsstand versehen (derzeit WPA 2 — Verschlüsselung) und nur Gästen den Zugang zum Hotelnetz gewähren
  • Gäste durch Hotspot-AGB verpflichten, über das Hotel-WLAN keine Urheberrechte zu verletzen.

Richtige Reaktion nach Erhalt einer Filesharing-Abmahnung

  • Niemals die von den Abmahnanwälten der Abmahnung beigefügte Unterlassungsverpflichtungserklärung voreilig unterschreiben, weil damit ein rechtsgültiger Vertrag geschlossen wird. Die vorgefertigten Unterlassungsverpflichtungserklärungen sind in der Regel deutlich zu rechteinhaberfreundlich ausgestaltet.
     
  • Zeitnah einen Fachanwalt für gewerbliche Schutzrechte, einen sog. „Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz” beauftragen, der sich mit der Materie auskennt.
     
  • Mit dem Fachanwalt in der kurzen Frist entscheiden, wie weiter vorgegangen werden soll. Manchmal wird sich anbieten, eine auf den konkreten Sachverhalt zugeschnittene enge modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben, oft aber auch nicht.

Schutz vor Abmahnungen durch

Rechtsanwalt Dr. Lars Jaeschke, LL.M. ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und berät bundesweit Hotels und Gaststätten in Fragen des Marken- und Medienrechts

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