Revenue Management hat auch in der Ferienhotellerie in den letzten Jahren an Relevanz gewonnen und wird von einigen wenigen Tourismusbetrieben erfolgreich praktiziert. Vor allem in den Spitzenzeiten konnten Hoteliers dadurch die Gästenachfrage besser lenken und die Umsatz- und Ertragswerte nachhaltig steigern. Aber wie funktioniert diese dynamische Preisgestaltung in Krisenzeiten? Ist der Umstieg von einer starren Preisliste auf ein flexibles Preissystem in der Ferienhotellerie aufgrund der aktuellen Marktsituation überhaupt sinnvoll? Welche Faktoren müssen beachten werden? Ein Erfahrungsbericht von Kohl & Partner und Mathias Waldner, Gastgeber des 5-Sterne-Hotels La Maiena Resort in Meran. Der Hotelbetrieb hat in Begleitung von Kohl & Partner vor kurzem den Sprung zur dynamischen Preisgestaltung gewagt und erfolgreich eingeführt
1. Ist mein Hotelbetrieb reif für flexible Preise?
Die richtige Preisgestaltung ist seit jeher eine der wichtigsten, aber auch komplexesten Entscheidungen eines jeden Hoteliers. Faktoren wie die Aufenthaltsdauer der Gäste, die Beliebtheit der Zimmerkategorien oder die Begehrtheit des Produktes werden dabei mitberücksichtigt. Gleichzeitig hat sich in den letzten Jahren das Buchungsverhalten der Gäste stark verändert und sich in eine völlig andere Richtung als von Hoteliers gewünscht entwickelt.
Ein Trend zu immer kurzfristigeren Buchungen zeichnet sich schon seit Jahren ab: „Gerade in den letzten Jahren ging es in eine komplett andere Richtung und auch heute noch, wird in Meran viel mit Last-Minute-Angeboten geworben. Dies wollten wir so nicht mehr“, so Mathias Waldner. Hier kann Revenue Management ein wesentlicher Erfolgshebel für den Hotelbetrieb sein, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern. Einerseits werden Gäste, die frühzeitig buchen, mit attraktiveren Preisen belohnt. Anderseits werden bei kurzfristigen Gästebuchungen höhere Erträge durch höheres Preisniveau, insbesondere in nachfragestarken Zeiten, erzielt: „Die dynamische Preisliste birgt für uns viele Vorteile und belohnt den Gast, der sich bereits früh für eine Buchung bei uns entscheidet.“
Neben dem Buchungsverhalten der Gäste sind es weitere Faktoren, die bei der Umstellung von einer starren auf eine dynamische Preisstrategie beachtet werden müssen:
- Die Zielsetzung und das Grundverständnis der UnternehmerInnen zu Revenue Management
- Der Produktlebenszyklus des Betriebes
- Die Grundauslastung
- Die Buchungsvorschau und die Perioden der Übernachfrage
- Die Höhe des Stammgastanteils
- Die Verteilung der Marktsegmente (Individualgast, Gruppengast, Reisebürogast etc.)
- Die Art des Revenue Management Systems sowie deren Umsetzbarkeit mit den
- Schnittstellen des Hotelbetriebes
- Die Umsetzbarkeit der dynamischen Preisstrategie im operativen Betrieb
„Nach der gemeinsamen Analyse mit Kohl & Partner haben wir uns anhand der dafürsprechenden Faktoren für die Umsetzung der flexiblen Preisstrategie entschieden.“
2. Welches Revenue Management-System ist das Richtige?
Beim Aufbau einer dynamischen Preisstrategie gilt es zu hinterfragen, welches Revenue-Management-Modell für den Hotelbetrieb das richtige ist und welche Vor- und Nachteile die unterschiedlichen Systeme mit sich bringen.
Dabei können drei unterschiedliche Ansätze unterschieden werden:
- Manuell
- Semi-automatisiert mit Hilfe des PMS-Systems
- Vollautomatisiert mit Hilfe einer Revenue Management Software
Bei manuell- und semi-automatisierten Systemen geschehen alle Schritte zum Aufbau einer flexiblen Preisstrategie in einem Excel-basierten Preistool. Dabei wird eine interne, flexible Basispreisliste erstellt, welche auf die vorangegangenen Analysen der bisherigen Buchungssituation beruht. Während ein manuelles Revenue Management ausschließlich auf der händischen Eingabe basiert, wird beim semi-automatisierten System die Strukturierung der Preise und Auslastung im jeweiligen PMS-System durchgeführt.
Immer mehr Hotelprogramme (wie ASA, Protel, Fidelio etc.) verfügen über eine eigene Revenue-Managementfunktion, in der die flexible Preisstrategie (BAR-Raten, Auslastungsgrade, Preisregeln etc.) somit manuell hinterlegt und automatisiert abgefragt wird. Beim dritten Ansatz wird die manuelle Arbeit auf ein Minimum reduziert und der Hotelier stützt sich auf eine vollautomatisierte Revenue Management Software, die an das PMS des Betriebes andockt. Diese Software analysiert den gesamten Buchungsprozess und prognostiziert den Preis für einen bestimmten Tag oder bestimmten Zeitraum auf Basis mathematischer Algorithmen.
Das vollautomatisierte Revenue Management setzt großes Vertrauen in die vorhandenen Preisdaten der Software voraus. „Wir haben uns für die Revenue Management Funktion unseres PMS entschieden und gegen ein vollautomatisiertes Tool. So können wir uns in die Welt der dynamischen Preise vorwagen und verlieren doch nicht die Möglichkeit, manuell in unsere Preisgestaltung einzugreifen. (…) Dabei werden verschiedene Hebel in der dynamischen Berechnung des Preises von uns auch laufend während der Saison angepasst. Somit können wir auf den Markt bestens reagieren und jeweils den maximalen Preis erzielen.“
3. Welche Faktoren gilt es bei der Umsetzung außerdem zu beachten?
Neben den bereits genannten Entscheidungsfaktoren ist ein gutes Zusammenspiel zwischen Gastgeber, Rezeption, Reservierung und Marketing in der Umsetzung notwendig. Hier bedarf es einer ganzheitlichen Kommunikation, einer klaren Sprechregelung sowie laufender Mitarbeiterschulungen, damit Revenue Management funktioniert.
Insbesondere gegenüber den Stammgästen gilt es, die Vorteile der neuen Preisstrategie hervorzuheben: „Für uns war es zu Beginn, ganz speziell beim wiederkehrenden Gast, nicht ganz so einfach. Hier haben wir intensive Schulungen mit unseren Mitarbeitern gemacht. Das neue dynamische Preissystem musste mit all seinen Vorteilen besonders dem Stammgast erläutert werden. Für neue Gäste war es überhaupt kein Problem.“
Aber gerade in der aktuellen herausfordernden Situation hat sich die neue Preisstrategie für das Hotel La Maiena Resort bewährt: „Durch Corona wurden unsere Buchungen immer kurzfristiger. Dadurch war es für uns möglich, den Durchschnittspreis von 2019 auf 2020 um mehr als 24 Euro pro Zimmer und Tag zu steigern.“ Auf die Frage nach dem optimalen Zeitpunkt für den Umstieg auf eine dynamische Preisstrategie hat Mathias Waldner eine ganz klare Antwort: „Genau jetzt, wir müssen nur mutig sein – Flexible Nachfrage erfordert flexible Preisgestaltung!“