Überbrückungshilfen und KfW-Unternehmerkredit Erfahrungen
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Überbrückungshilfen und KfW-Unternehmerkredit Erfahrungen

09.11.2020 | Grimm Consulting

Dank gutgemeinter Förderprogramme wähnen sich Unternehmer in vermeintlicher Sicherheit – wie aber nicht aufeinander abgestimmte Programme zum Bumerang werden können, zeigt nachfolgendes Beispiel!

Björn Grimm / Bildquelle: Grimm Consulting
Björn Grimm / Bildquelle: Grimm Consulting

Konkret betreuen wir zahlreiche Hotel- und Gastronomiebetriebe, welche mehrheitlich mittelstandsgeprägt sind. Im vorliegenden Beispiel handelt es sich um ein Hotel mit starker gastronomischer Ausprägung. Vorhanden sind 65 Zimmereinheiten, Gastronomie, Wellnessbereich und Saalbetrieb. Beschäftigt sind ca. 70 MitarbeiterInnen. Der Betrieb unterliegt starken saisonalen Schwankungen und ist arg bemüht, die Liquidität für die kommenden Wintermonate sicher zu stellen.

In Anspruch genommen und zur Auszahlung gekommen ist hier ein KfW-Darlehen über 800 TEUR bei einer 10jährigen Laufzeit. Weiter wurde Überbrückungshilfe von gut 150 TEUR erwirkt, welche jetzt ggfs. zurückbezahlt werden müssten, da das KFW Darlehen einerseits mit einem 100%igen Beihilfewert versehen wird und anderseits durch unglückliche Ausgestaltung unter die gleiche Beihilferegelung wie die Überbrückungshilfe I fällt.

Dadurch können auch etwaige weitere Förderungen nicht in Anspruch genommen werden. Die beteiligte Sparkasse, die im Auftrag der KfW handelt, ist genauso überrascht, ob dieser Umstände. Hier besteht Handlungsbedarf, da die Programme nicht aufeinander abgestimmt scheinen.

Zusammenfassung:

Unternehmen können auf Grund der hochkomplexen und nicht eindeutigen Beihilferegelungen in die Situation kommen, dass Überbrückungshilfe und KfW-Unternehmerkredit unter die gleiche Beihilferegelung fallen und daher je nach Ausgestaltung Beihilfehöchstgrenzen überschritten werden, mit der Folge, dass trotz Hilfs- und Förderbedürftigkeit Gelder zurückgezahlt werden müssen.

Im vorliegenden Fall war schlussendlich allein die Laufzeit des KfW-Unternehmerkredits ausschlaggebend dafür, dass man Beihilfegrenzen überschritten haben könnte. Hätte man sich für eine andere Laufzeit entschieden, würde man sämtliche Beihilfegrenzen einhalten. Die Konsequenz dieser Entscheidung war aber selbst für versierte Unternehmer nicht erkennbar, da dies in den Verträgen und Merkblättern nur im Kleingedruckten und nur nach aufwändiger Recherche zu erkennen ist.

Der Darlehensvertrag war dazu nicht eindeutig, die Beihilfewertberechnung des Förderkredits ist nicht nachvollziehbar und die zeitliche Überschneidung der Beantragung und Bewilligung von verschiedenen Förderinstrumenten machte eine beihilferechtliche Einordnung für ein Unternehmen (zumal ein einer Situation existenzieller Krise) mehr als herausfordernd. Unterstützende Hinweise dazu Seitens der Hausbank oder der KfW erfolgten nicht.

Nunmehr ist das Unternehmen in einer Situation, wo es trotz Hilfsbedürftigkeit erhaltene Förderungen zurückzahlen muss und ggfs. weitere Hilfen, wie die Überbrückungshilfe für die Monate Oktober bis Dezember nicht in Anspruch nehmen kann. Dies kann existenzgefährdend werden!

Ausgangssituation:

Der familiengeführte in einer niedersächsischen Touristenregion gelegene Hotel- und Gastronomiebetrieb mit rund 70 Mitarbeitern erlitt durch die Corona bedingten Betriebsschließungen und Betriebseinschränkungen erhebliche Umsatz- und Ertragseinbußen. So war etwa der Umsatz in den Monaten April/Mai 2020 im Vergleich zu den Vorjahresmonaten um 90% niedriger ausgefallen. Trotz intensiver Bemühungen von Unternehmen und Belegschaft seit der Wiedereröffnung wird der Jahresfehlbetrag erheblich ausfallen.

Die Möglichkeit der Inanspruchnahme der „Niedersachsen-Soforthilfe Corona mit finanzieller Unterstützung des Bundes“ bestand nicht, da die Mitarbeiterzahl über dem Schwellenwert lag. Seit März 2020 wird von der Möglichkeit der Unterstützung durch Kurarbeitergeld Gebrauch gemacht.

Beihilfeproblematik

Im Zuge der Inanspruchnahme weiterer Unterstützungsprogramme ist das Unternehmen aber in eine Situation geraten, wo es auf Grund der hochkomplexen Beihilferegelungen der verschiedenen Programme ohne Absicht und Kenntnis mögliche Beihilfegrenzen überschritten haben könnte. Damit droht dem Unternehmen, dass es, trotz Krise und fortlaufender Hilfsbedürftigkeit, erhaltene Förderungen zurückzahlen muss und weitere notwendige Hilfen nicht in Anspruch nehmen kann. Das Problem besteht vor allem darin, dass die Zuordnung der einzelnen Unterstützungsmaßnahmen zu den Beihilferegelungen und die Beihilfehöchstgrenzen nur mit größtem Aufwand erkennbar sind. Im Einzelnen:

1. Überbrückungshilfe

Im August 2020 wurde ein Antrag auf Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen („Überbrückungshilfe Corona“) für die Monate Juni, Juli und August gestellt. Im September wurde die beantragte Überbrückungshilfe in Höhe von knapp 150.000 EUR gewährt. Grundlage und Bestandteil dieses Gewährung waren u.a. die geänderte Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 („Geänderte Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020"), von der Europäischen Kommission unter der Beihilfennummer SA.56974 (2020/N) genehmigt.

In den Nebenbestimmungen heißt es dort: „Eine Kumulierung der Überbrückungshilfe mit öffentlichen Darlehen ist zulässig. Leistungen aus anderen Corona-bedingten Zuschussprogrammen des Bundes, der Länder und der Kommunen werden auf die Leistungen dieser Überbrückungshilfe angerechnet, soweit die Fördergegenstände übereinstimmen und die Förderzeiträume sich überschneiden. Betriebliche Fixkosten können nur einmal erstattet werden.

In jedem Fall muss sichergestellt sein, dass durch die Gewährung der Überbrückungshilfe der nach der Geänderten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 einschlägige Höchstbetrag unter Berücksichtigung der sonstigen auf der Grundlage dieser Bundesregelung gewährten Hilfen nicht überschritten wird. Eine Kumulierung mit dem Höchstbetrag für Beihilfen nach der De-Minimis-Verordnung ist zulässig, soweit die Vorgaben dieser Verordnung, einschließlich der Kumulierungsregeln, eingehalten werden.“

2. KfW-Unternehmerkredit – Nr. 047

Überschneidend mit dem Antrag auf Überbrückungshilfe wurde über die Hausbank ein zweckgebundenes Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW – KfW-Unternehmerkredit / KfW-Sonderprogramm 2020“ des Kreditprogramms 047 in Höhe von 800.000 EUR und einer Laufzeit von 10 Jahren beantragt, welches in der Folge auch gewährt wurde. Die Unterzeichnung des Darlehensvertrags erfolgte Ende August und damit im Zeitraum genau zwischen Antrag und Bewilligung der Überbrückungshilfe.

Im Kreditvertrag ist zum Thema Beihilfe folgende Regelung enthalten:

Dieser Kredit wird auf der Grundlage der geänderten Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 „(Geänderte Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“) (Genehmigung (EU) vom 11. April 2020, EU-ABl. C 2020/2365, Beihilfe Nr. SA 56974) bzw. der geänderten Regelung zur vorübergehenden Gewährung von Beihilfen für niedrigverzinsliche Darlehen und Direktbeteiligungen im Rahmen von Konsortialkrediten im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch v o r COVID-19 („Geänderte Bundesregelung Beihilfen für niedrigverzinsliche Darlehen 2020") (Genehmigung (EU) vom 11. April 2020, EU-ABI. C 2020/2365, Beihilfe Nr. SA 56974) gewährt.

Die Fördervoraussetzungen des Programms sowie die dem Programm zugrunde liegenden beihilferechtlichen Bestimmungen der EU-Genehmigung des Programms sind im Programmmerkblatt dargestellt. Das Darlehen hat einen Subventionswert von EUR 800.000,00. Bezogen auf die beihilferechtlich förderfähigen Kosten von EUR 800.000,00 beträgt die Beihilfeintensität 100,0000 %. Der Kreditvertrag gibt also zwei Beihilferegelungen an, unter die der KfW-Unternehmerkredit 047 fällt, die „Kleinbeihilfe 2020“ sowie die „Beihilfe für niedrigverzinsliche Darlehen“. Dem Kreditvertrag ist aber nicht zu entnehmen, welche im konkreten Fall einschlägig ist.

Um dies herausfinden zu können, ist vielmehr das intensive Studium der Merkblätter und Kumulierungserklärungen des Darlehensvertrages notwendig. Gemäß dieser ergänzenden Unterlagen ergibt sich die einschlägige Beihilferegelung aus der Laufzeit des Kredits. Der hier vom Unternehmen in Anspruch genommene Kredit in Höhe von 800.000 EUR fällt bei einer Laufzeit von mehr als 6 Jahren unter die „Kleinbeihilfe 2020“, bei einer Laufzeit von bis zu 6 Jahren aber unter die Beihilfe „niedrigverzinsliche Darlehen“.

Im Kleingedruckten der Kumulierungserklärung steht zudem, dass „alle dem Unternehmen vom 19.03.2020 bis 31.12.2020 gewährten Beihilfen nach der „Geänderten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ zusammen den zulässigen Höchstbetrag von 800.000 EUR nicht übersteigen dürfen“. Beihilfen der „Kleinbeihilfe 2020“ sind demnach auf einen Höchstbetrag von 800.000 EUR begrenzt, während die Beihilfegrenzen bei der „Beihilfe für niedrigverzinsliche Darlehen“ erheblich höher liegen.

Selbst für einen versierten Unternehmer war es nur unter großen Anstrengungen ersichtlich, dass es sich hierbei um eventuell mit der Überbrückungshilfe kollidierende Beihilfen handelt. Von externer Seite (wie der Hausbank oder der KfW) erfolgte kein Hinweis dazu. Die Entscheidung über die Kreditlaufzeit von 10 Jahren führte dazu, dass der Unternehmer durch die „falsche Wahl der Laufzeit“ in das gleiche Beihilfeschema wie die Überbrückungshilfe geraten ist und mit dem KfW-Unternehmerkredit die Beihilfehöchstbeträge schon voll ausgeschöpft hatte.

Damit wäre für die Überbrückungshilfe nach Gewährung des KfW-Unternehmerkredits kein Raum mehr, so dass eine der Beihilfen zurückgezahlt werden müsste. Dieses Problem wird durch die Berechnung des Beihilfewertes Seitens der KfW beim KfW-Unternehmerkredit noch verstärkt: Der Subventionswert des Darlehens wird hier mit dem Nennwert (vorliegend also mit EUR 800.000,00) und mit einer Beihilfe Intensität von 100% angegeben. Diese Festlegung leuchtet aber nicht ein: Der Beihilfewert ist der Vorteil den ein Unternehmen aus einer Beihilfe bezieht. Bei Zuschüssen wie der Überbrückungshilfe stellt die Höhe des Zuschusses den Beihilfewert dar.

Bei zinsverbilligten Darlehen wird der Beihilfewert als Zinsvorteil festgelegt, der sich aus der Differenz zwischen Effektivzinssatz des Förderdarlehens und einem Referenzzinssatz errechnet. Im Falle des KfW-Darlehen kommt zudem noch die teilweise Haftungsübernahme durch die KfW hinzu. In diesem Fall liegt die Beihilfe in der ersparten Aval Provision für eine Bürgschaft.

Insoweit ist ein Beihilfeanteil beim KfW-Darlehen unzweifelhaft in Gestalt des Zinsvorteil und der ersparten Aval Provision gegeben. Dass dieser Subventionswert aber dem Nennwert des Darlehens entspricht ist gerade im Verhältnis zu den Beihilfen in Form von Zuschüssen nicht nachvollziehbar. Denn anders als die Zuschüsse ist das Darlehen ja vollständig zurückzuzahlen und darüber hinaus auch (wenn auch vergünstigt) verzinst. Auch diese Regelung ist selbst für einen mit Förderprogrammen nicht unkundigen Unternehmer eher überraschend.

Im Ergebnis bedeuten dies nach dem Stand der Dinge für das Unternehmen, dass es

  • auf Grund der Bewilligung der Überbrückungshilfe als Kleinbehilfe gemäß „Geänderte Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ in Höhe von 150.000 EUR und
  • auf Grund der „falschen Laufzeitwahl“ beim KfW-Unternehmerkredit ebenfalls als Beihilfe gemäß „Geänderte Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ anzusehenden Darlehens in Höhe von 800.000 EUR
  • und der Regelung, dass „Kleinbeihilfen 2020“ zusammen den zulässigen Höchstbetrag von 800.000 Euro nicht übersteigen dürfen,
  • dass das Unternehmen trotz Bedürftigkeit entweder keine Überbrückungshilfe hätte beantragen dürfen oder eine um diesen Betrag reduzierte Summe beim Darlehen hätten wählen müssen, um dies beihilfekonform abzuwickeln.
  • und auch auf Grund der Beihilfehöchstgrenzen auch keine Möglichkeit für weitere Überbrückungshilfen für die Monate Oktober fortfolgend besteht.

Anders wäre es aber gewesen, wenn das Unternehmen statt des 10-Jahres-KfW-Kredites die 6 Jahres-Variante gewählt hätte, da dieser dann nicht unter die Kleinbeihilfe fällt, sondern unter die „Bundesregelung Beihilfen für niedrigverzinsliche Darlehen 2020“. Diese Situation kann sicherlich nicht im Sinne des förderwilligen und unterstützungsbereiten Staates sein, denn so kann einem Unternehmen trotz bestehender (eigentlich passender) Förderprogrammen und vorhandener Förderbedürftigkeit und -fähigkeit nicht geholfen werden! 

Der komplette Sachverhalt ist mit Dokumenten hinterlegt. Das betreffende Unternehmen möchte zum heutigen Stand noch anonym bleiben – kann aber ggfs. befragt werden. Es handelt sich – wie es dem Verfasser bekannt ist - um keinen Einzelfall!

Grimm Consulting

Björn Grimm & RA Ulrich Vitenius
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