Der Hamburg-Buxtehude Tourismus: alles Plastik oder was?
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Der Hamburg-Buxtehude Tourismus: alles Plastik oder was?

19.04.2018 | Wolfgang Ahrens Hotelier.de

Viel diskutiert wird zurzeit in Fachkreisen der kleinen Hansestadt der Hamburg-Buxtehude Tourismus, denn die Gewerbeeinnahmen sollen auch in diesem Bereich ansteigen. Ein nachhaltiges Konzept gibt es nicht. Wir berichten von Buxtehuder Schildbürgerstreichen und echten Menetekeln

Bild: Buxtehude als Postkartenmotiv mit Fleth und ehemaliger Getreidemühle, nun auch Hotel
Bild: Buxtehude als Postkartenmotiv mit Fleth und ehemaliger Getreidemühle, nun auch Hotel
Auf dem Parkplatz hinter Woolworth in der Bahnhofsstraße - könnte aber auch ein Slum sein. Alle Müll Bilder wurden zwischen dem 02.04.2018 und 15.04.2018 gemacht
Auf dem Parkplatz hinter Woolworth in der Bahnhofsstraße - könnte aber auch ein Slum sein. Alle Müll Bilder wurden zwischen dem 02.04.2018 und 15.04.2018 gemacht
Müll am Geestberg, hier war's mal schön. Heute wird hier achtlos McDonalds Müll abgeworfen
Müll am Geestberg, hier war's mal schön. Heute wird hier achtlos McDonalds Müll abgeworfen
Müll am Melkerstieg hinter dem Deich am Eingang zum Moor. Wann wacht diese Stadt auf?
Müll am Melkerstieg hinter dem Deich am Eingang zum Moor. Wann wacht diese Stadt auf?
Müll im Graben vor Scholz an der Harburger Straße
Müll im Graben vor Scholz an der Harburger Straße
Hier hausten asoziale Menschen im Park hinter Lidl. Kaum ist weggeräumt, wird nachgelegt. Kostet ja nichts. Und macht Spaß?!
Hier hausten asoziale Menschen im Park hinter Lidl. Kaum ist weggeräumt, wird nachgelegt. Kostet ja nichts. Und macht Spaß?!
Kiesflächen im Moor zum Barfußgehen? Könnte auch in Schilda sein
Kiesflächen im Moor zum Barfußgehen? Könnte auch in Schilda sein
An diesem Kasten soll man 'riechen'. Vorsicht: Kinder haben hier schon Fäkalien reingeschmiert
An diesem Kasten soll man 'riechen'. Vorsicht: Kinder haben hier schon Fäkalien reingeschmiert

Buxtehude, den 19.04.2018; Diese Stadt hat was: Der Hund, der mit dem Schwanz bellt, der Wettlauf mit dem Hasen und Igel, Tante Trude aus Buxtehude - man könnte noch mehr Stichworte geben von Slogans, die auch den Tourismus ankurbeln. Die Stadt liegt 36 Kilometer von Hamburg entfernt, von hier ist es mit dem Auto nur einen Katzensprung zum Alten Land und in die Lüneburger Heide, Nord- und Ostsee sind in 1-2 Stunden erreicht, wenn es denn das Nadelöhr Elbtunnel zulässt.

Bei den Stadtführungen zeigen die kostümierten Gästeführer den Touristen den im 16 Jahrhundert erbauten Fleth, alte Mühlenanlagen, prächtige Stadthäuser des Mittelalters und das schöne Rathaus.  Dabei fließen dann die Anekdoten der Märchenstadt ein, an guten Geschichten mangelt nicht. So konnte dann im Februar das Hamburger Abendblatt von den Erfolgen des Buxtehuder Stadtmarketings berichten. Ca. 19.000 Besucher zählte das Buxtehuder Kultur-Service Büro. Fast 64.000 Übernachtungsgäste wollten den Zwinger sehen, die Gewässer der Este wie Viver und Teichanlagen. Nur bei den Reisenden per Wohnmobil hapert es noch.  Die sind von über 8.000 im Jahr 2014 auf ca. 4.400 im Jahr 2017 gefallen, weil eine Stellplatzgebühr von 5 € einführt wurde. Aber Hand aufs Herz: Will man wirklich Gäste, die keinen ‚Heiermann' dafür überhaben?  

Mehr Hamburg-Buxtehude Tourismus durch Barkassenverkehr

Im Jahr 2017 spülten die Besucher dann auch 3,2 Prozent der Gesamteinnahmen in das Säckel des Stadtkämmerers und wie woanders auch kann es ja nie genug sein. So soll die neue Achse Hamburg-Buxtehude mit Barkassenfahrten von den Hamburger Landungsbrücken über die Elbe und Este mehr Gäste in die kleine Hansestadt bringen. Über 1000 Gäste schipperten so im Jahr 2017 in den Hafen, wo früher zum Himmelfahrtstag der Altonaer Hafenverein mit seinen Protagonisten Zitronen-Jette und Hummel-Hummel landete, die von den Buxtehuder Märchenfiguren Has' und Igel begrüßt wurden.

Der Buxtehude Tourismus unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit

Alles wunderbar also, könnte man meinen. Doch schauen wir einmal hinter die Kulissen und nicht nur auf Vorzeigeobjekte wie die Petri-Kirche und Fachwerkhäuser. Der Tourismus lebt von einer intakten Natur und gepflegten Stadtkultur. Um diese in Augenschein zu nehmen, machen wir einmal einen ‚Stadtrundgang' durch die Stadt und fangen an der Grenzlinie zwischen Geest und Marsch an.  

Dort liegt die Bahnlinie Hamburg-Harburg-Buxtehude-Stade-Cuxhaven. Der Bahnhof Buxtehude ist eine wichtige Station für tausende von Pendlern und einige Touristen werden wohl auch hier ankommen, um die Has' und Igel Stadt zu erkunden. Der Bahnhof Buxtehude bietet eine schmutzige Tristesse, am Park&Ride Gelände südlich der Bahn liegen hunderte von Kippen, Plastikmüll liegt in den Rabatten. Wer mit S-Bahn aus Hamburg kommt und zum Bahnhofsgebäude will, findet in der Unterführung dorthin interessante Fotos des Ensembles aus den 1950er bis 1970er Jahren, während man gleichzeitig oft Uringeruch wahrnimmt. Das Bahnhofsgebäude präsentiert dann in seinem Zustand des Verfalls die jahrzehntelange verfehlte Verkehrspolitik des Bundes. International will man mit der DB führen, regional bieten sich dann Bilder wie aus der ehemaligen DDR. Der Verfall des Bahnhofsgebäudes geht nun soweit, dass nach Ostern 2018 das Portal abgestützt werden musste: Wanderer, kommst Du nach Buxtehude, meide den Bahnhof, hier sieht's finster aus!

Die folgende Bahnhofsstraße verbindet vorbeschriebenes Menetekel mit der eigentlichen Stadt. Sie ist eigentlich ein Damm in einem Moorgelände und war früher von prachtvollen Villen bestanden. Die 60er Jahre verwandelten die Gebäudekulisse in eine eintönige Einheitsarchitektur ohne Flair. Wo früher einst das Bali-Kino seine Besucher empfing, steht nun das Marktkauf Center. Einkaufen kann man hier gut; schlecht ist, dass das Pflaster von Kaufgummis und Kippen überzogen ist. Liegt hier einmal kein Müll und Plastikabfall herum? Die Frage muss negiert werden.

Ein Stück weiter folgt dann das ‚Woolworth Gebäude', dass durch eine neue Gestaltung der Fassade zweifellos gewonnen hat. In der gleichen Gebäudezeile befindet sich das Steak-Restaurant ‚The Bull', das zu normalen Preise gute Fleischgerichte anbietet. Einige Gäste stellen ihr Auto auch hinter dem Haus über die Zufahrt Parkstraße ab. Hier liegen an einem Graben dann hunderte Teile von Plastikmüll. Diese gelangen dann mit dem Wind über die Vorflut in die Este und dann in die Nordsee. Buxtehude und seine Bürger (also wir alle) machen fleißig mit an der desaströsen Lage der Weltmeere.

Die Aktion mit den Blumenkübeln des Buxtehuder Tagesblattes in besagter Straße wirkt etwas hilflos. Sie stehen doch etwas kantig herum nach dem Motto ‚gewollt, aber nicht gekonnt'. Der Blumenkübel vor der Bäckerei Dietz ist in den Wintermonaten ein Mülleimer, der erst im Frühjahr wieder hergerichtet wird. In vielen Berichten rund um die Situation der Bahnhofsstraße sind es oft die Geschäftsleute, die die Hand in die Wunde der fehlenden Attraktivität gelegt haben. Sorry, aber wer aber nicht einmal - wie früher üblich - vor seinem Geschäft fegt und Müll beseitigt, der sollte einfach einmal die Füße still halten. Auch hier ruft man dann schnell nach Geld, wo eigene Action im kleinen Rahmen viel mehr bringen würde.

Situation in der Innenstadt bzw. Altstadt von Buxtehude

Die touristischen Highlights Buxtehudes sind in dem Karree zwischen Geesttor, Langestraße, Ritterstraße, Fleth und Zwinger schnell und wie oben schon erwähnt aufgezählt. Hier fehlen echte Attraktionen wie in Stade, wo man einen alten Kran aus dem Mittelalter hat, um sich vorstellen zu können, wie Handel damals funktionierte. Aber auch am Geesttor Höhe Eiscafé Venezia und der Buchhandlung sieht es durch die vielen Zigarettenkippen schäbig aus.

Umweltsituation an der Peripherie der Innenstadt

Außerhalb der eigentlichen Innenstadt, die auf einer Sandlinse im Marschland steht, Richtung Harburger-Straße und Halepaghenstraße, wird es unansehnlich. Speziell vor der Grundschule liegen die Rabatten den ganzen Winter mit Müll voll. Wir fragten den Hausmeister nach der Situation und ob denn die Kinder nicht einmal mithelfen könnten. Da seien die Eltern vor, die wollten, dass die Kinder etwas lernten. Sie kämen ja wohl kaum zur Schule, um Müll aufzuheben, so die Antwort.

Nun, früher war nicht alles besser, im Gegenteil. Aber was Hänschen nicht lernt, lernt Hand nimmer mehr. So sollte aktiver Umweltschutz schon in der Schule stattfinden und nicht nur theoretisch. Rund um die Straßen bin zur ‚Hinter der Linah' ist festzustellen, dass immer mehr private Flächen unter Steingärten verschwinden. Noch singen hier viele Vögel -aber ‚pflegeleichtes' wie Plastikgartenzäune statt grüner Hecken haben auch hier Vorfahrt.

Ein echter Umweltfrevel spielt sich allerdings am Melkerstieg ab. In den frühen Morgenstunden bieten dort Menschen ihre Arbeitstätigkeiten an. Inzwischen fliegt auch hier der Plastikmüll umher. Die Situation scheint weder die Anwohner zu stören noch den Baubetriebshof der Stadt. Die Polizei wurde im Februar 2018 informiert - nichts passiert.

Schlimm auch die Situation im Straßengraben an der Harburger Straße von der Kreuzung-Konrad-Adenauer-Allee/ Rübker Straße bis zur Bahnunterführung - hier liegt auf jedem Meter Plastikmüll, ebenso in dem kleinen Graben zwischen ‚Scholz Raumgestaltung' und 'Christiansen Wohnen', der seit Monaten mit Müll voll ist: Es interessiert auch hier niemanden.

Unsinnige Aktionen für mehr Buxtehude Tourismus im Westmoor

Das Westmoor ist eine schöne Marschfläche nördlich der Bahnlinie bis nach Dammhausen. Es sind schöne Wanderungen nach Neukloster z.B. im Mai zum Pfingstmarkt möglich entlang ausgedehnter Weiden, kleinen Wäldchen und teilweise abgetorften Moor. Hier entstanden dann an Dämmen Holzleitplanken als angebliche Hilfe für Blinde. Die hat man inzwischen entfernt, weil wohl auch den Machern der teure Blödsinn dämmerte, den man verzapft hatte. Weiter westlich dann eine künstliche Kiesfläche zum barfußlaufen, ‚um Natur erlebbar zu machen' (siehe Bild). Würde dieses Konzept fruchten, könnte man auch Moorpackungen am Strand anbieten. 500 Meter weiter dann Riechhöhlen an einem Pfahl (siehe Bild). Unweit wohnende Anlieger berichteten, Kinder hätten diese mit Fäkalien befüllt. Da kann man nur eines sagen: sofort aufhören mit diesen Schildbürgerstreichen oder gehört das zum neuen Event-Marketingundecided?

Das Ostmoor in Buxtehude

Dieses Gebiet ist Gott sei Dank bisher von unsinnigen Marketinggags verschont geblieben. Leider ist auch hier Müll zu finden und zwar am Bahnübergang ‚Grüner Weg'. Dieser Weg mündet südlich der Bahnlinie ins Moor, der jüngst mit Bauschutt aufgefüllt wurde, in dem auch Plastikmüll enthalten ist.

Der Top Umweltskandal dann an den Geestbergen

Die schönste Aussicht auf die Stadt Buxtehude befand sich einmal an der Straße ‚An den Geestbergen' bei der Kreuzung der B73. An schönen Tagen geht der Blick vom Hamburger Fernsehturm über Blankenese bis nach Wedel. Hier, beim Abgang der Geest ins Urstromtal der Elbe, am früher besten Platz, um Buxtehude zu besichtigen, der so schön war, dass man an Has' und Igel wirklich glauben mochte, darf man den Blick nicht senken. Es ist vor allem mit McDonald Müll alles so übersäht, dass man heulen mochte. Warum geht hier kein Aufschrei los? Warum führt man hier keine Video-Überwachung durch? Ach ja, Datenschutz. Was soll's, dann ist eben ‚Plastik überall'! Hauptsache, wir bleiben Exportweltmeister.

Fazit

Will der Tourismus in Buxtehude wirklich attraktiv sein, darf er nicht nur auf die Innenstadt achten und muss auch er auf die Politik einwirken. Eine Politik, die auch regional die Probleme erkennt. Wenn denn die CDU Buxtehude 2017 konstatierte, es gäbe kein Problem mit dem Plastikmüll, dann kann man nur raten, sich unsere Straßen, Landschaften und die Natur nicht nur aus dem SUV anzuschauen, sondern einmal einen Gang zu machen, der auch hinter die Kulissen blickt.

Es müssen neue Konzepte her, die auch die Menschen mitnehmen. Das muss in der Schule anfangen und bei der Straßenreinigung weitergehen. Unsere Einstellung insgesamt muss sich ändern. Wir können nicht die Abholzung des Regenwaldes in Brasilien beklagen und gleichzeitig immer neue Ausweisungen vom gewerblichen Bauen auf der grünen Wiese feiern. Sind wir noch zu retten?

Eventuell ja, wenn der Plastikwahn endlich ein Ende hat. Das Mikroplastik ist inzwischen in der Rheinquelle angekommen. Ergo muss der Plastiknachschub in die Weltmeere gestoppt werden. Und daran muss Buxtehude seinen Anteil haben.

Wo liegt noch in Buxtehude ‚gerne' Müll herum?

  • Am nördlichen Ufer des Teiches an der Moisburger Straße
  • Die Konrad-Adenauer-Allee ist eine Straße für Durchgangsverkehr, die man auch umtaufen könnte in ‚Fenster-auf-Müll-raus-Straße'. Nur dank privaten Initiativen wird hier ab und zu aufgeräumt. Aber ist ja auch halb so schlimm: Im Frühjahr kommt der Mäher, der hackt den Müll dann klein!
  • In dem Dreieck zwischen Bahnlinie, Ellerbruch-Tunnel und Konrad-Adenauer- Allee liegt neben der Skater-Anlage auch ein kleines Wäldchen. Hier beseitigt die Stadt gerne Sturmschäden, der Müll bleibt seit Jahren liegen!

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