Jean-Georges Ploner: 10 Gastro-Zukunftstrends nach COVID-19
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Jean-Georges Ploner: 10 Gastro-Zukunftstrends nach COVID-19

18.05.2020 | F&B Heroes

Die Corona-Krise hat die gesamte Welt, und insbesondere die Wirtschaft und Gesellschaft durcheinandergewirbelt. Ein Zurück wird es nicht geben. Jetzt werden die Weichen neu gestellt – auch in der Gastronomie

Jean-Georges Ploner / Copyright: F&B Heroes
Jean-Georges Ploner / Copyright: F&B Heroes

Jean-Georges Ploner, Gründer, Geschäftsführer und visionäre Leitfigur der F&B HEROES GmbH – dem führenden  Beratungs- und Managementunternehmen für das Gastgewerbe, den Handel und die Immobilienwirtschaft – hat im Hinblick auf die Zukunft der Gastronomie nach COVID-19 zehn Zukunftstrends festgehalten.

Aus Ploners Sicht sind Geselligkeit und Nähe Ur-Verlangen der Menschen. Gastronomie ist der emotionale Nährboden für die Gesellschaft. Denn was macht die Gastronomie wirklich aus? Warum ist sie unverzichtbar? Vordergründig geht es um Essen und Trinken, um Versorgung und um Genuss. Das wichtigste Verlangen ist jedoch der Wunsch nach Geselligkeit, einem Miteinander, Kommunikation zu zweit oder in der Gruppe. Und es geht um Gefühle. Gerade jetzt und vermutlich noch für längere Zeit ist Nähe unerwünscht oder soll auf ein Minimum beschränkt werden. Das hat Folgen, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Bereits jetzt hinterlässt die erzwungene Distanz – das Social Distancing – ihre Spuren in der Gesellschaft und in der Wirtschaft.

Das Ur-Verlangen nach sozialer Nähe lässt sich jedoch nicht unterdrücken. Die Gastronomie als Ort der Begegnung wird zurückkehren, davon ist Ploner überzeugt. Allerdings in Form neuer oder wiederbelebter Konzepte und Formate, mit mehr Erlebnischarakter und Emotionalität, an neuen Orten, mit neuen Regeln für Hygiene und zwischenmenschlichen Umgang, mit Zugangskontrollen, Tischreservierung und Platzierung. Mit weniger Playern, mit weniger individuellen Konzepten, aber mit mehr Ketten. Sichere Orte wie Zuhause, Essen im Auto oder der Members Only-Club werden bevorzugt. Outdoor wird das neue Indoor. Gastronomie-Erlebnisse werden zu Urlaubsersatz.

Bereits in der Krise hat sich gezeigt: Take Away und Delivery sind die Gewinner und werden zum Lieferdienst für komplette Foodszenarien. In Zukunft geht es nicht mehr darum, was, sondern wie und mit welchem Gesamtpaket Essen zu den Menschen kommt, sowie damit verbunden die Frage der Entsorgung unter Nachhaltigkeitsaspekten.

Auf Reaktion folgt Gegenreaktion, auf Einschränkungen der Wunsch zum Ausbruch. Dies gilt vor allem bei der zahlkräftigen Klientel in den Großstädten. Wer kann sich das Home Catering oder den exklusiven Dinner-Club leisten? Wird Gastronomie zum Luxus? Zum Ort für den zivilen Ungehorsam, für Menschen, die Freiheit und Selbstbestimmung vor Gesundheit stellen? Verschafft die Krise die Kraft, Strukturen völlig neu zu denken und der Gastronomie einen neuen Stellenwert, Anerkennung und Respekt zu verschaffen? Sind Gastronomie und Logistik systemrelevant?

Viele Fragen, auf die Jean-Georges Ploner mit seinen Erkenntnissen und Einschätzungen antwortet. Sein Fazit: Der Wandel in der Gastronomie ist im vollen Gange. Die Krise durch COVID 19 hat diese Veränderung massiv beschleunigt. Jetzt kommt die Zeit für Macher und Visionäre. Die Gastronomie erfindet sich neu. Der Weg wird spannend – und schwierig. Vieles ist möglich. Entscheidend ist, was die Menschen mit Mut, Zuversicht und Kreativität daraus machen.

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Eins: Die Individualität verschwindet – der Marktanteil der Gastronomieketten wächst

Die durch die Corona-Krise verursachte lange Schließung der Gastronomiebetriebe und damit der Wegfall der geschäftlichen Grundlage werden zu einer Marktbereinigung führen. Die Krise zeigt unerbittlich Stärken und Schwächen auf und führt semi-professionell geführte Betriebe an die Existenzgrenze. Die Gastronomie wird um rund ein Viertel schrumpfen. Darunter voraussichtlich viele kleine und mittelständische Betriebe, die mit ihrer Individualität der Gastronomie ihre bunte Vielfalt verliehen haben.

Viele freie Objekte, Ausstattung und Mitarbeiter werden sich dann auf dem Markt befinden. Es entstehen Lücken und Freiräume für Unternehmen, die das Kapital, die Macht und die Visionen haben, diese zu nutzen. Das sind vor allem die großen Gastro-Ketten. Amerikanische Verhältnisse mit Dominanz der Ketten wird das Bild der deutschen Gastronomie bestimmen.

Zwei: Die Schere geht auseinander – Kapital und die Entschlossenheit zum Überleben entscheiden über die Zukunft

Die Großen und die ganz Kleinen werden zu Gewinnern. Gut finanzierte Betriebe und die internationalen Restaurantketten nutzen die Schwäche des Marktes zur Expansion und zur Neu-Aufstellung. Die Rezension bietet die Chance, alles, wirklich alles zu hinterfragen und neu zu verhandeln: Standorte, Pachtverträge, Mitarbeiter, Strukturen und Technologie. Jetzt ist der Moment, andere Marktteilnehmer hinter sich zu lassen. Das andere Extrem sind die kleinen Familienbetriebe oder Solo-Selbständige mit wenig Kapital aber viel Eigenleistung. Die Mitte wird ganz verschwinden.

Was bedeutet das für die Gäste? In den Großstädten dominieren Restaurantmarken die City. In den Stadtvierteln aber gedeiht eine kleinteilige, ethnisch vielseitige Gastronomie. Auf dem Land geht das Wirtshaussterben weiter. Der Mangel an Angebot und Vielfalt führt zu virtuellen Restaurants ohne Gastraum, digital miteinander verbunden, um den Gästen Auswahl, Marken und Trendfood zu bieten. 

Drei: Der Kampf um Umsatz – neue Platz-Quoten pro Gast erhöhen Druck auf Auslastung und Konsum

Abstandsregeln verändern die Auslastung. Die neue Platz-Quote pro Gast und der angestrebte Umsatz resultieren in neu kalkulierten Dinnerzeiten und Durchschnittbons. Die neue Formel: Den Tisch häufiger belegen und möglichst viel in kürzerer Zeit verkaufen.

Für die Gäste bedeutet dieser Kampf um Umsatz ein Umdenken und verändertes Restauranterlebnis: Tischreservierung und Platzierung werden üblich. Gemütliches Sitzen nach dem Essen wie in Deutschland Tradition, gehört der Vergangenheit an. Zukünftig wird es ähnlich wie in den USA geplante Zeiten für die Belegung geben. Zusatzverkäufe und Upselling werden forciert. Auch in der Gemeinschaftsgastronomie werden Tischreservierung und Zeitvergabe zum Standard.

Positiv ist zu bewerten, dass damit eine Effizienzsteigerung in der Gastronomie einhergeht, die nur durch Digitalisierung möglich ist. Ganzheitliche, individuell konfigurierbare Lösungen für datenbasierte Entscheidungen und Echtzeitanalysen für alle Bereiche der Betriebe werden zum Standard.

Vier: Safety First! – Vertrauen durch sichtbare Maßnahmen schaffen

Gäste, Mitarbeiter, Lieferanten – alle wollen Sicherheit. Deshalb hat die neue Normalität zwei Prioritäten: Hygiene und Abstand. Insbesondere beim Neustart sind beide unverzichtbar, um das Vertrauen der Gäste zurück zu gewinnen. Gäste wollen nicht nur das Gefühl haben, dass alles für ihre Sicherheit getan wird, sie wollen es auch sehen: Mitarbeiter tragen Handschuhe und Mundschutz, Desinfektionsständer stehen bereit, Einmal-Speisekarten oder Speisekarten-Apps, bargeldlose Bezahlmöglichkeiten.

Konsequentes Social Distancing vom Betreten bis Verlassen des Restaurants: Einlasskontrollen, Wartebereiche, Entzerren der Gästeströme, digitalisierte Kommunikation durch Displays, WhatsApp oder SMS usw. Vertrauen ist der Schlüssel für die Rückkehr der Gäste!

Food-Konzepte mit eigenen Kabinen für jeden Gast, wie z. B. in New York das Ichiban oder automatisierte Restaurants wie das Spyce in Boston oder Data Kitchen in Berlin haben den Trend vorweggenommen. Nachahmer werden auf den Markt kommen und den Boom befeuern.

Fünf: Take Away wird zum Erlebnis Delivery – Logistik wird zum systemrelevanten Faktor

Take Away und Delivery befreien sich vom Fastfood Image, werden dafür aber hochwertiger und erlebnisorientierter. Aus der Notlösung – wenn’s schnell und bequem gehen soll – wird ein eigenständiger Bereich. Für Gastronomen unverzichtbar, weil überlebensnotwendig. Delivery wird zum Standbein und durch Zusatzleistungen attraktiv und wird mittels ganzer Packages, Themen- und Saison-Specials aufgewertet und emotional aufgeladen. Lieferdienste entwickeln sich weiter, neue mobile Konzepte entstehen. Food-Szenarien werden angeboten. All-Inclusive Ess-Erlebnisse sind überall und genau dort verfügbar, wo der Gast sich aufhält.

Der Konsum Zuhause nimmt weiter zu. Produzenten, die sich neben der Gastronomie auf Endkunden konzentrieren, sind im Aufwind. Neben den Produkten sind Service und persönliche Beratung bei den häufig gut informierten Privatkunden gefragt. Bestellmöglichkeiten aus unterschiedlichen Angeboten, alle bequem, on demand und individuell. Wie z. B. Wein on demand mit Online Sommelier und 24/7 Beratung oder Wein Pairing Apps, alles einfach online bestellbar.

Die Voraussetzung, damit Gastronomie und Delivery davon profitieren: Die Logistik wird als Infrastruktur systemrelevant. Die Vision ist ein genossenschaftliches Modell: Logistik und Infrastruktur sind Gemeinschaftsgüter und gehören allen.

Sechs: Die Renaissance des Picknicks – der Gastbereich wird in den öffentlichen Raum verlagert

Der Aufenthalt im Freien gilt als sicherer als in Innenräumen. Gäste bevorzugen deshalb Lokale mit Außenbereichen. Die Gastronomie wird es schwer haben, die Innenbereiche zu belegen. Bestehende Restaurants werden sich mit Terrassen erweitern und bei neuen Lokalen wird der Außenbereich größer geplant als der Innenbereich.

Das Picknick erlebt eine Renaissance, wird aber moderner und stylischer. Die Gastronomie liefert alles auf Wunsch genau dorthin, wo die Gäste sind. Essen, Getränke plus alles drumherum von Ambiente bis Entertainment. Auf Wunsch auch Getränkenachschub und Müllentsorgung. Ein erstes Beispiel dafür ist das Schlossrestaurant „Die Fasanerie“ in Eichenzell, das Essen und Trinken an nummerierte Parkbänke bringt.

Sieben: Sicherheit kombiniert mit Erlebnis – das Auto als sicherer Ort wird zum Mittelpunkt

Erlebnisse werden wichtiger denn je. Gleichzeitig suchen die Menschen Sicherheit. Das Auto, der Inbegriff der Mobilität, erhält als Ort des Vertrauens einen neuen Stellenwert. Essen und Erlebnis rund um das Auto und im Auto erlebt einen Boom. Aber auch das Feiern ist mit dem Auto möglich: So organisierte z. B. ein Clubbetreiber Im niedersächsischen Schüttorf die erste Auto Disco auf dem Parkplatz eines Großraum-Clubs. Der Drive-In wird zum angesagten Lifestyle und erfindet sich neu als Food-Erlebnis im Auto. Kunden wählen aus verschiedenen Szenarien, wie ein edles Erlebnis-Dinner mit Getränkekühlung.

Autokinos erleben eine Wiedergeburt, weil große Kinosäle nicht mehr ausgelastet werden können. Da Großveranstaltungen wegfallen, steht die entsprechende Technik zur Verfügung. Und Schutzmaßnahmen können leicht eingehalten werden. Derzeit nutzen Autokinos, wie z. B. das in Gravenbruch bei Frankfurt, lediglich 25 Prozent ihrer Platzkapazitäten, um genügend Abstand zwischen den Fahrzeugen zu lassen. Tickets werden nur Online verkauft. Neue und höherwertige Speisen-Angebote machen das Essen neben dem Film zur zweiten Hauptsache.

Acht: Die Umkehr des Weges – das Restauranterlebnis kommt nach Hause

Neben dem Auto erhält das eigene Heim einen neuen Stellenwert. Nicht zum Selberkochen, sondern um sich das Restauranterlebnis nach Hause kommen zu lassen. Keine neue Idee, jedoch wird das Modell weiter ausgebaut und bietet Caterern ein neues Geschäftsfeld: Umgestellt wird auf kleine individuelle Caterings. In Kooperation mit Restaurants und Köchen werden zudem unterschiedliche Themenwelten angeboten. Als Spezialisten für Logistik, Produktion und Ambiente sorgen die Caterer für den perfekten Rahmen und die Emotion. Um das perfekte Genusserlebnis kümmern sich Köche und Gastronomen als Spezialisten für Speisen und Getränke. Eine Win-Win-Situation für Kunden und die Gastronomie.

Neun: Freiheit und Selbstbestimmung um jeden Preis – Boom der Dinner-Clubs

Als eine Art Gegenreaktion auf die vielen Einschränkungen folgt eine Bewegung, die statt Gesundheit Freiheit über alles stellt. Wo Verbote sind, lockt der Reiz des Verbotenen. Vergleichbar der Zeit der Prohibition in den USA entsteht eine Form der geheimen Gastronomie in Dinner-Clubs und Speak-Easy Bars. Intime Orte für kleine Kreise und Netzwerke abseits der Öffentlichkeit. Zugang gibt es nur für Eingeweihte, Trendsetter und/oder Wohlhabende. Mit ‚Members Only‘, Einlass auf Empfehlung oder mit dem richtigen Code wird sich eine neue Szene etablieren.

Zehn: Kulinarischer Aufbruch in die Ferne – Gastronomie wird zum Urlaubsersatz

Es wird voraussichtlich eine Erholungsphase benötigen, um wieder Urlaubsreisen ins Ausland wie gewohnt planen zu können. Entscheidend sind nicht nur Grenzöffnungen, sondern auch ein Neu-Start der gesamten Tourismusinfrastruktur. Die Sehnsucht nach Ferne und Exotik aber bleibt ebenso bestehen, wie der Wunsch nach Inspiration und neuen Erfahrungen. In Zukunft werden Reisen kulinarisch unternommen, um Neues zu erleben oder Erinnerungen wieder zu beleben.

Die Küchen der Welt zaubern für einige Stunden Urlaubsstimmung. Authentische ethnische Konzepte und Speisen werden Trend. Dies ist auch eine Chance für Migranten: Sie besinnen sich auf ihre Wurzeln und bieten in überwiegend von der Familie betriebenen Restaurants und Shops Spezialitäten aus ihrer Heimat an.

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